Seit dem letzten Eintrag vor 3 Wochen hat sich einiges getan. Die Fahrt von Gyumri in die Hauptstadt Armeniens, Jerewan (auch Yerevan oder Eriwan, je nach Schreibweise) war gekennzeichnet von ziemlich ruppigen und sehr anstrengenden Bergetappen mit Regenschauern und Gewittern, aber auch von wunderschön blühenden Wiesen und Begegnungen mit freundlichen Armeniern und lieben Hunden.
Als ich durch eine Siedlung radelte, kamen immer wieder Hunde aus den Gärten, aber sie waren nicht aggressiv, sondern sie haben mich nur freundlich begrüsst und sind dann wieder zurück in den Garten. Bis auf einen – er hat mich offensichtlich zu seinem Frauchen erkoren und ist nicht mehr von meiner Seite gewichen.
Es fing dann zu regnen an und ich wurde zwei mal in Häuser zu Kaffee und Keksen eingeladen. Jedes mal nach der Kaffeepause erwartete mich der Hund bereits schwanzwedelnd vor dem Haus und ist weiter hinter mir hergelaufen.
Nach ca. 40 km – der Hund war noch immer bei mir – fing es wieder an zu schütten und ich beschloss, für die restliche Tagesetappe ein Taxi zu nehmen. Schnell war ein Fahrzeug mit Dachträger gefunden, das Rad am Dach und die Packtaschen im Kofferraum verstaut. Der Hund hat mich ganz traurig angesehen und hat ganz bitterlich angefangen zu weinen, als ich in das Auto stieg. Er ist dann noch eine Zeit lang hinter dem Taxi hergelaufen – es war so traurig – ich hoffte halt, dass er wieder nach Hause zurückfindet.
In Jerewan habe ich dann ein zentral und sehr ruhig gelegenes Hotel mit einem schattigen Innenhof (mit lauter Marillenbäumen) bezogen und beschlossen, zumindest eine Woche zu bleiben. Ans Radfahren war eh nicht zu denken – es hatte 36 Grad im Schatten. Dafür habe ich dem Rad ein Service gegönnt: in der Nähe des Hotels gab es eine Radwerkstatt – Your Bike – Artur, der Chef und Artur, der Fahrradmechaniker haben mein bici wieder auf Vordermann gebracht.
Im Vergleich zu Georgien, wo jedes 3. Fahrzeug und Gebäude mit einer Ukraine-Flagge versehen ist, merkt man hier nichts von einer Verbundenheit mit dem kriegsgebeutelten Land. Ist aber auch klar, weil Russland als Schutzmacht Armeniens gilt, während Aserbaidschan, der Gegenpart im Bergkarabach-Konflikt, von der Türkei unterstützt wird.
Man sieht in der Stadt auch viele Monumentalbauten aus der Sowiet-Ära, aber auch – wie schon zuvor in Gyumri – viele Gebäude aus dunklem Tuffstein. Einen Besuch wert sind auf jeden Fall die Museen und Galerien und natürlich das Genozid Memorial mit der dazu gehörigen Ausstellung. „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ steht schon lange auf meiner Leseliste – nach dem Besuch des Memorials wird es jetzt wirklich Zeit, dieses Buch von Werfel endlich zu lesen.
Von den Hügeln der Stadt sieht man auch den schneebedeckten Gipfel des nur 20km entfernten Ararat, des heiligen Bergs der Armenier, der aber bereits auf türkischem Staatsgebiet steht.
In Jerewan treffe ich ein Paar aus Oberösterreich (Ursula und Oskar), das bereits seit 2016 mit einem Jeep die Welt bereist. Oskar war lange Zeit für die UNO an den Hot Spots (Afghanistan, Somalia, Zentralasien) tätig und von ihm bekomme ich viele interessante Informationen, was die von mir geplante Reiseroute betrifft.
Mein Plan war ja, als nächstes den Iran zu bereisen und dann weiter am Landweg über Turkmenistan nach Usbekistan und Tadschikistan und dort von Duschanbe aus den 1200km langen Pamir Highway zu befahren (geht bis Osh in Kirgisien).
Aufgrund der großen Hitze (im Iran hat es momentan 40 Grad) und auch weil coronabedingt einige Landgrenzen in Asien nicht passiert werden können, ist eine Änderung der Pläne notwendig. Oskar rät mir, nach Almaty, im Osten Kasachstans zu fliegen und von dort nach Kirgisien zum Yssykköl und zum Songköl zu radeln – das sind 2 Seen in wunderschöner Berglandschaft, wo man gut die heißen Monate verbringen kann und dann im September/Oktober, wenn es nicht mehr so heiß ist, weiter nach Buchara, Samarkand und in den Iran.
Das scheint eine gute Idee zu sein – ein paar Wochen möchte ich aber noch in Armenien bleiben und dann entscheiden, wohin ich fliege.
Als Nächstes ging es weiter an den Sewansee in der Nähe von Jerewan. Der in fast 2000m Höhe gelegene See bot eine angenehme Abkühlung nach den heissen Tagen in der Großstadt. Bereits in Jerewan habe ich immer wieder leichte Schmerzen in meiner Schulter gespürt, am See sind diese Schmerzen dann leider immer stärker geworden. Und vielleicht hängt es mit den Schmerzen zusammen: ein bisschen Heimweh habe ich auch.
Was mache ich jetzt? Weiter in den Osten mit dem Risiko, dass ich dann irgendwo in der Pampa Kirgisiens mit höllischen Schulterschmerzen herumliege? Oder doch zurück nach Österreich? Ein schneller Check der Flüge ergibt: es gibt jede Nacht um 04:45 einen AUA Direktflug von Yerevan nach Wien.
Vor einer Woche habe ich mich dann für den Rückflug entschieden. Die Buchung war gleich erledigt – jetzt musste nur noch das Fahrrad zerlegt und fluggerecht verpackt werden. Auch hier war mir Your Bike, die Fahrradwerkstätte behilflich, sodass das Rad dann in einer 120x80x40 Verpackung transportiert werden konnte.
Seit ein paar Tagen bin ich nun zurück in der kühlen/coolen Wohnung im heimatlichen Schloss und genieße die Stille und das Nichtstun. Und auch die Schulter hat sich wieder beruhigt.
So wie ich mich kenne, wird es mich spätestens im Herbst/Winter wieder in die Ferne ziehen -wahrscheinlich wird es dann gleich der Mekong sein, dort soll man ganz tolle Radtouren machen können. Schauen wir mal, was die Zukunft bringt.