Meine Fahrradweltreise

Monat: Februar 2022 (Seite 1 von 1)

SCHLUSS MIT LUSTIG

In einem meiner früheren Beiträge habe ich geschrieben, dass alles ganz easy läuft und ich sehr unbeschwert und sorgenfrei in den Tag hineinlebe und mich überraschen lasse, was dieser denn so bringt. Seit 24.2. ist dem aber nicht mehr so und ich nehme an, dass auch die meisten meiner Leser*innen mit großer Sorge in die Zukunft blicken.  Ich bin jedenfalls fassungslos und schockiert über die Vorgänge in der Ukraine und irgendwie ist mir momentan auch die Lust am Reisen vergangen, obwohl ich mich hier in Catania/Sizilien natürlich sicher fühle. 

Normalerweise habe ich alle 2-3 Tage die Nachrichten verfolgt, mittlerweile schaue ich am Tag sicher 10x auf orf.at in der Hoffnung, dass sich doch etwas Positives (Waffenstillstand) tut.

Um von der ganzen Tragödie etwas abzulenken und weil dies ja ein Fahrrad-Reiseblog ist, möchte ich hier über meine dieswöchigen Radlererlebnisse berichten.

Nach 2 Rasttagen in Villa San Giovanni ging es am Mittwoch mit der Fähre nach Messina/Sizilien. Ich war gerade mit dem Rad  vom Hafen unterwegs zum BnB in Messina, als ich am lungomare einige Damen entdeckte, die unter Anleitung einer Trainerin ein Kräftigungs-Workout machten. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen – ich bin hin zur Gruppe und habe gefragt, ob ich auch mitmachen dürfe. „Certo“ hat Benedetta, die Trainerin gesagt, und schon war ich mittendrin. Es war ein tolles, 1stündiges Ganzkörpertraining und hat viel Spass gemacht. Und die Damen waren sehr erstaunt, als sie hörten, dass ich aus Österreich mit dem Radl nach Sizilien gekommen bin. Am nächsten Tag hatte ich einen Muskelkater am Hintern und in den Oberschenkeln, als ob ich seit Ewigkeiten keinen Sport mehr betrieben hätte.

Von Messina ging es dann weiter nach Taormina (sehr touristisch) und Catania, wobei man immer mehr blühende Sträucher und Bäume sieht. Glücklicherweise waren nur kurze Tunnelfahrten dabei  und die Hunde haben zwar hinter dem Zaun gebellt, mich aber sonst  in Ruhe gelassen. 

Von Catania bin ich total begeistert, die tollen Barockbauten, das kulinarische Angebot mit den verführerischen Süßigkeiten – hier lässt es sich aushalten. Im Moment läuft eine Warhol/Banksy Ausstellung, die ich natürlich besucht habe. 

Da ich in 2 Wochen wieder in Österreich sein will, werde ich mich morgen den Zug nach Messina nehmen und dann weiter nach Rom fahren, wo ich ca. 1 Woche bleiben werde.

Fähre nach Sizilien
Mit den sportlichen ragazze in Messina
Normannischer Dom in Messina
Der Ätna immer im Blickfeld
Catania
Catania
Warhol/Banksy Ausstellung
Madl mit Radl
That‘s really funny
Catania
Die besten tartufi gibt es in Catania
Catania
Catania
Catania
Eine kalorienreiche Entschuldigung des BnB Besitzers für laute Gäste, die meine Nachtruhe störten
Catania
So, und zum Schluß noch ein Eis

MÜLL, MANDARINEN UND DER LÄNGSTE KILOMETER MEINES LEBENS

Die vergangene Radwoche führte mich von Amantea über Pizzo, Tropea und Palmi zur „Zehenspitze“ Italiens, nach Villa San Giovanni. Dabei war wieder eine Menge an Höhenmetern mit etlichen knackigen Anstiegen zu bewältigen.

Ich habe einige Radler-Blogs gelesen, in welchen eine ganz unangenehme Sache erwähnt wird, nämlich Fahrten durch unbeleuchtete, enge, niedrige Tunnelröhren ohne Rettungsbuchten. Speziell im Osten der Türkei dürften diese öfters vorkommen – die Radler, die unterwegs sind in den Iran schildern in ihren Berichten diese Horrorfahrten (ständig die Angst, dass man von den Autofahrern nicht gesehen wird und gerade wenn ein LKW im Anmarsch ist, hilft oft nur noch stehenzubleiben und sich an die Tunnelwand zu pressen und zu warten, bis der Spuk vorbei ist) – nur davon zu lesen hat bei mir bereits ein Gefühl der Beklemmung ausgelöst. 

Komoot lotst mich ja – so weit wie möglich – über Nebenstraßen, Feldwege oder Radwege (den letzten Radweg habe ich südlich von Neapel gesehen – vor ca. 650km). Es kommt aber immer wieder vor, dass Straßen gesperrt sind und dann muss man eben auf die Bundesstraße ausweichen. Und so kam ich diese Woche auch in den „Genuss“ einiger Tunnelfahrten. 

Bei der Einfahrt  ist die Länge vermerkt – beim 1. Tunnel stand: 1200 m. Ah, das kann nicht so schlimm sein, hab ich mir gedacht: das ist ein guter Kilometer und der ist ja schnell vorbei. Aber wenn man einmal in diesem finsteren Loch drinnen ist (ab und zu ist so ein Funserl Licht an der Decke), kein Platz zum Ausweichen – rechts neben dem Fahrstreifen ist die Wand, dann wird aus einem Kilometer eine halbe Ewigkeit. Und dann seh ich im Rückspiegel, dass ein LKW daherkommt. Sieht der mich eh? Ich habe zwar eine gute Beleuchtung und auf den Packtaschen befinden sich reflektierende Logos. Okay, er hat mich gesehen (sonst würde ich wahrscheinlich nicht mehr hier sitzen), hat aber voll gehupt und dieses durch den Tunnel verzerrte und extrem laute Hupgeräusch des fetten Brummers war der ärgste Horror. Aber endlich war er weg und irgendwann waren die 1200m auch geschafft. Halleluja! 

Grad als ich glaubte aufatmen zu können  kommt der nächste Tunnel mit 900m Länge. Okay, jetzt heisst es aufrüsten – das Wichtigste ist, dass man gesehen wird und auffällt. In einem B+B hat mir der Besitzer scotchlite Reflektorbänder (die man mittels Schalter blinken lassen kann) geschenkt. Die Bänder habe ich an den Oberarmen angebracht (an den Wadln hat’s keinen Sinn, weil die werden durch die Packtaschen verdeckt), die Blinklichter eingeschaltet und rein ins finstere Loch. Und wer glaubt, dass die LKWs nicht zu toppen sind, der liegt falsch. Schon von weitem zu sehen und unüberhörbar: ein Rettungsfahrzeug mit Blaulicht und Folgetonhorn nähert sich von hinten in einem Höllentempo. Dieser Folgeton ist schon ausserhalb eines Tunnels sehr unangenehm und grell – im engen Tunnel wird der Ton verzerrt und in Kombination mit dem Blaulicht und dem Karacho, in dem das Fahrzeug unterwegs war und nah an mir vorbeigezogen ist, erzeugte er enormen Stress.

Es kam dann noch ein weiterer Tunnel und erst nachdem ich die Bundesstraße verlassen hatte und gemütlich am lungomare entlangradelte, liess die extreme Anspannung nach.

Es gäbe natürlich auch bei den Tunnelfahrten einen Plan B: umdrehen bevor man in die Röhre reinfährt und zurück zum nächstgelegenen Bahnhof und ein paar Stationen mit dem Zug fahren. Der muss zwar auch durch einen Tunnel, mit dem Zug ist das aber allemal entspannter.

Eine andere, sehr traurige Geschichte ist der viele Müll. Einerseits sind es leere Plastik/Glasflaschen, Getränkedosen und Zigarettenpackungen, die offensichtlich nach der Konsumation einfach aus dem Auto geworfen werden. Außerdem komme ich immer wieder an total vermüllten Plätzen mit alten Möbeln, ausrangierten Haushaltsgeräten, Autoreifen,…. vorbei. 

Ich frage mich dann, wie es möglich ist, dass die Italiener, die ja für tolle Mode und exklusives Design stehen und daher sicher Sinn für Ästhetik haben dies zulassen. Ich habe z.B. einen gut gekleideten Mann beobachtet, der grad aus seinem SUV ausstieg und dabei eine leere Plastikflasche fallen liess. Hört der Sinn für Ästhetik auf, sobald das eigene Heim oder das eigene Auto verlassen werden? Machen sie es, weil es die anderen ja auch machen? Es gibt einen tollen Animationsfilm: Wall-E, der Letzte  räumt die Erde auf. An diesen Film muss ich hier oft denken. Dabei soll er Utopie sein – hier wird er stellenweise in den nächsten 10-20 Jahren Realität werden. Greta, du hast noch viel zu tun!

Jetzt aber auch was Positives: gestern bin ich über weite Strecken nur auf Feldwegen gefahren entlang von Mandarinenplantagen. Ich musste nur die Hand ausstrecken und die süßen, saftigen Früchte pflücken und genießen – ich habe sicher 1 Kilo verdrückt. Ewig lang bin ich keiner Menschenseele begegnet – irgendwann kam ein Traktor mit 2 Männern daher: die haben mich groß angeschaut und sich wahrscheinlich gewundert, was ich mit dem voll bepackten Rad in ihrem Feld mache. Ich habe ihnen freundlich zugewunken und sie haben zurückgewunken. 

Über meine ganz speziellen Freunde, die Hunde kann ich auch noch was berichten: Ich hab sie nämlich durchschaut.

Es gibt 3 Arten:

1) die Wohlerzogenen: die liegen vor dem Haus und sind ganz cool. Die ignorieren mich nicht einmal, wenn ich vorbeifahre. Werden wahrscheinlich erst aktiv, wenn man das Grundstück betritt.

2) die ohne Erziehung: lautes, aggressives Gebell und ständiges Hin-und Herlaufen hinter dem Gartenzaun und manche drehen sprichwörtlich durch. Sie laufen nämlich bis zum letzten Eck im Garten, um mich zu verfolgen und dann drehen sie sich ganz schnell im Kreis. Verrückt.

3) die Streuner: sind normalerweise harmlos. Liegen irgendwo am Straßenrand herum.

Und heute ist mir folgendes passiert: Ich war auf einer steilen Nebenstraße unterwegs und hab das Rad geschoben. Am Straßenrand lagen 2 Streuner, die harmlos gewirkt haben und nicht gebellt haben. Dann kam ein Bauernhof (mit Zaun) und hinter dem Zaun waren 3 Hunde ohne Erziehung. Lautes aggressives Gebell und offensichtlich irgendwo ein Tor, das nicht geschlossen war. Ich hab das Rad weiter bergauf geschoben (es war zu steil, um zu fahren) und plötzlich waren 5 Hunde hinter mir her. Die beiden Streuner, diese Opportunisten, haben sich den 3 aggressiven Viechern angeschlossen und mir kam es so vor, als ob sie beschlossen hätten: „Die machen wir fertig“. Ich habe einmal ein Buch gelesen über Wölfe, wie sie im Rudel jagen und welche Rolle die einzelnen Tiere übernehmen. Ich bin einfach weitergegangen und hab versucht, sie zu ignorieren. Mittlerweile war der größte und aggressivste Hund rechts vor mir (zwischen ihm und mir war das Rad), der zweite große Hund war links hinter mir und die restliche Meute hinten nach. Alle haben laut gebellt. Mein Puls war irgendwo. Es hat so gewirkt, als ob sie mich einkreisen wollen (so machen es zumindest die Wölfe).  Scheisse! Wo ist der Plan B? Okay, einen Versuch ist es wert: ich bück mich runter und tu so, als ob ich einen Stein aufheben und diesen nach den Hunden werfen würde. Die beiden großen Hunde sind stehen geblieben (noch immer laut bellend), die 3 anderen sind tatsächlich ein Stück zurückgelaufen. Also noch mal: runterbücken, einen imaginären Stein aufheben und nach den Hunden werfen. Und noch ein paar mal und dann haben sie mich, noch immer unter lautem Gebell, zumindest nicht mehr verfolgt, sondern sind stehen geblieben. Hätte der Plan mit den imaginären Steinen nicht funktioniert, so hätte ich das Fahrrad umgedreht, wäre aufgestiegen und bergab den Weg zurückgefahren, den ich gekommen bin. Dabei hätte ich sie rasch abgehängt, aber das wäre keine Lösung gewesen, weil ich ja über diesen Berg drüber musste und da gab es nur diese Straße.

Während ich mich hier mit den Hunden rumschlage, hat Brigitte (ihr wisst schon, die Schweizerin im südlichen Afrika) ein Affentheater. Sie schreibt mir, dass die Affen immer neben ihr her rennen und „mitreiten“ wollen. Ein oder  zwei Affen am Gepäckträger hätten sicher Platz! Sie ist übrigens mittlerweile in Sambia bei den Victoriafällen und schickt mir ein Foto, auf welchem sie alleine vor den herabstürzenden Wassermassen steht. Normalerweise stehen dort Unmengen an Touristen – coronabedingt ist aber nichts los.

Ich werde heute und morgen etwas verschnaufen, dann geht es mit der Fähre rüber nach Sizilien.

Tropea
Pizzo
In Pizzo muss es unbedingt ein Tartufo sein
Ein Aperol nach der Ankunft am Zielort kann nie falsch sein
Mein blinkendes Reflektorband für den Tunnel
Uj , das wird eine Gatschpartie! Hier heisst es umkehren!
Das schaut schon besser aus.
Vom Baum direkt in den Mund
Eine kreative Art, auf eines der vielen Schlaglöcher hinzuweisen
Frühlingsboten überall

ÜBER DIE BERGE DEM FRÜHLING ENTGEGEN

Montag und Dienstag in dieser Woche war kein Radfahrwetter (Regen am Montag und starker Wind am Dienstag) – gut, dass ich ohnehin Rasttage brauchte und auch einiges in Salerno zu erledigen hatte. Montag ging’s gleich nach dem Frühstück mit einer Tasche voll Schmutzwäsche in die Self Service Lavanderia und 90 Minuten später hatte ich frisch gewaschene und wohlriechende Wäsche – was für ein angenehmes Gefühl. 

Ich habe schon in einem meiner früheren Beiträge von Brigitte, der Schweizerin, die seit November im südlichen Afrika mit dem Rad unterwegs ist, berichtet. Sie liest auch meinen blog und hat auf meinen letztwöchigen Eintrag (Waschtag steht bevor) zurückgeschrieben, dass auch sie an diesem Tag Waschtag hat. Daraufhin hab ich sie gefragt, wie sie das macht: ob sie auch in eine laundry geht oder einfach im Fluss die Wäsche wäscht (sie ist momentan im namibisch-angolanischen Grenzgebiet). Darauf hat sie gemeint: Hatte einen Kübel…und viel Duft hineingemischt. Ja, so geht es natürlich auch!

Die 2. und viel wichtigere Sache, die zu erledigen war:  ein Service für das bici. Es gab in der Nähe des Hotels eine Radwerkstatt mit guten Bewertungen – also nix wie hin. Dienstag Vormittag konnte ich es schon wieder abholen – komplett gereinigt und bereit für die vielen Bergetappen, die mich diese Woche erwarteten.

Am Mittwoch startete ich bei Sonnenschein und Windstille und weiter ging es Richtung Süden am Tyrrhenischen Meer entlang. Zuerst fährt man noch eine ganze Weile am lungomare – das ist immer ein sehr angenehmes und entspanntes Radfahren bevor ich dann auf der Bundesstraße weiter radelte, aber auch dort war der Verkehr erträglich. Solange nicht Unmengen an LKW‘s an mir vorbeibrettern, ist mir der Verkehr mittlerweile ziemlich egal. 

Südlich von Salerno kam ich durch eher häßliche Gemeinden mit viel Müll neben der Fahrbahn und auch mit Straßenstrich. Die Damen in extrem hohen Plateaustiefeln und super kurzen Röckchen warteten auf Freier und so manches Geschäft wurde auf einem der weniger einsehbaren Parkplätze, versteckt hinter Büschen, gleich abgewickelt. Es gab entlang der Straße aber auch grindig wirkende Absteigen, die sicherlich auch einen Quickie-Check In anbieten.

Dann ging es mehr oder weniger von einem Strand zum nächsten, vorbei an (noch geschlossenen) Luxushotels – und auch das war wieder Genussradeln pur. Auf einem der Strände stand ein VW Bus mit UK Kennzeichen – 4 girlies saßen in der Sonne und haben Gitarre gespielt. Sie sind der Kälte Großbritanniens entflohen und befanden sich auf dem Weg nach Sizilien. Zum Großteil campieren sie wild – die meisten Campingplätze sind noch geschlossen – und genießen das Dolce Vita. Sie fanden es sehr cool, dass ich mit dem Rad so weit fahre.

Neben den Fahrten direkt am Meer standen diese Woche auch viele Höhenmeter am Programm. Um die einzelnen Orte am Meer zu erreichen, muss man über nicht all zu hohe Berge, aber in Summe kam eine beachtliche Zahl an Höhenmetern zusammen (insgesamt 3800 bei 320 gefahrenen km in 5 Tagen). Und dabei waren durchaus knackige Anstiege zu bewältigen – teilweise war es so steil, dass ich mich auch beim Schieben wirklich plagen musste, um das Rad mitsamt Packtaschen über den Berg zu bekommen. Und bei den Fahrten ins Tal wurden die Bremsen ordentlich beansprucht.

Eine unangenehme, tierische Begegnung hatte ich auf einer Nebenstraße: Ein laut bellender, aggressiver Hund kam mir entgegen. Mein 1. Gedanke: Ich hätte mich doch schon vor der Reise nach Italien gegen Tollwut impfen lassen sollen – geplant ist diese Impfung erst für Mitte/Ende März, wenn ich wieder in Österreich bin und bevor es weiter geht nach Asien. In so einem Fall heisst es Gas geben: also Gang raufschalten und ordentlich strampeln. Dieses Vieh hat tatsächlich versucht, mich ins Wadl zu beißen  – hat es aber nicht geschafft, weil ich mit einem Karacho dahingefetzt bin, dass er mich nicht fassen konnte. Er ist dann noch einige Meter hinter mir hergelaufen und hat dann irgendwann aufgegeben. 

Wenn man täglich 60 – 70 km in den Süden fährt, merkt man auch die langsame Veränderung in der Natur. Jeden Tag sieht man mehr blühende Sträucher, Bäume und Blumen,  die Vogerl zwitschern – ja, mittlerweile bin ich im Frühling angekommen. Außerdem sieht man auch sehr viele Olivenbäume und bei einigen Bauernhäusern,  die ich bei den Bergetappen passiere, hängt eine Tafel „Olivenöl zu verkaufen“. An den Berghängen sind Schaf- oder Ziegenherden, bewacht von Hunden und/oder Hirten zu beobachten.

Diese Woche habe ich immer in B+B‘s übernachtet und eines davon will ich unbedingt hervorheben: das Zia Yaya in Maratea. Fantastische, ruhige Lage direkt am Meer (nur Meeresrauschen und Vogelgezwitscher) alles ist extrem liebevoll gestaltet und die Besitzerin, Maria Rosaria ist ein wahrer Schatz. Gleich bei der Ankunft am Nachmittag gab es Espresso (ich hätte natürlich auch einen anderen Kaffee haben können), Mineralwasser und Cantuccini. Am nächsten Morgen das Frühstück auf der Terrasse über dem Meer: Rührei, 3 Scheiben frisch getoastetes Schwarzbrot, Prosciutto + 3 verschiedene Käsesorten, Crostini mit sonnengereiften Tomaten, 1 Cornetto (Croissant), 1 Riesenstück selbstgemachter, flaumiger Kuchen, Joghurt, Obst, Fruchtsaft, Kaffee. Als ich sie fragte, wer das essen soll, hat Maria nur gemeint: du hast gestern nichts zu Abend gegessen (womit sie recht hatte) und heute willst du 70 km fahren. Und ich habe wirklich fast alles aufgegessen – es hat so lecker geschmeckt. Und mein Fahrrad, das auf ihrer Terrasse (im Erdgeschoss) übernachtet hatte, hat sie mit einem Badetuch zugedeckt. So aufmerksam!

Das Frühstück ist auch deswegen eine Erwähnung wert, weil das typisch italienische Frühstück aus 1 Cornetto und Kaffee besteht und in manchen Unterkünften bekommt man auch nicht mehr.

Ich bin jetzt seit gut  5 Wochen unterwegs und es hat so ein Flow eingesetzt: weiter, immer weiter…. Ich weiss, was ich mir zutrauen kann, 70km und 1000 Höhenmeter pro Tag sind leicht zu bewältigen – es ist alles easy.

Seit heute bin ich in Amantea, wo ich in einem schönen 4 Stern Hotel direkt am Meer mit Blick auf den rauchenden Stromboli untergebracht bin und gönne mir 1 oder 2 Faulenzertage (ein gutes Buch, was Leckeres am Teller und zum Abschluss ein Eis – la vita è bella)

Salerno
Tutto Bici Romano in Salerno
Hier wird mein bici fit für die Weiterreise gemacht
Am lungomare raus aus Salerno
Traurig
Immer wieder am Strand entlang
Jetzt gehts wieder rauf auf den Berg
Zia Yaya
Heute geht es mitten durch die Frühlingswiese
Der beißt nicht mehr

IN BICI A NAPOLI und MIT HÖLLENGLOCKEN DIE AMALFIKÜSTE ROCKEN

Vor einer Woche bin ich mit dem Zug von Bologna nach Neapel gefahren, um der Kälte zu entfliehen. Ich musste an diesem Sonntagnachmittag mit dem Fahrrad nur ein paar Kilometer von Napoli Centrale ins Quartieri Spagnoli (das Spanische Viertel), wo sich mein Hotel befand, zurücklegen und habe dabei gleich einen ersten Vorgeschmack auf das bekommen, was mich hier als Radlerin erwarten wird. Auch der Riesenkontrast zwischen Nord- und Süditalien war sofort offensichtlich – während sich Bologna als die reiche, schöne, ordentliche und vielleicht auch ein bisschen überhebliche Signora präsentierte, war Neapel chaotisch, laut, dreckig aber auch sehr lebenslustig und charmant.

Auf dem Weg vom Bahnhof zum Hotel habe ich nirgends einen Radweg gesehen – also habe ich mich einfach mitten ins Verkehrschaos begeben und bin unversehrt im Hotel angekommen. Die roten Ampeln werden von den Neapolitanern ja nur als Empfehlung betrachtet und die Zebrastreifen stellen einfach eine Strassendekoration dar. Fast alle Autos, die ich in Neapel gesehen habe, hatten Kratzer, Dellen, abgerissene Außenspiegel oder keine Stoßstangen mehr. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass sich dieses Chaos irgendwie von selbst reguliert. Neben den vielen Autos sind ja auch Unmengen an Vespas und anderer Kleinmotorräder unterwegs – alle hupen ständig, um mitzuteilen: jetzt komme ich und gebremst wird nicht!

Mein Fahrrad hat im Hotel dann überhaupt den geilsten Schlafplatz bekommen: ich durfte es im Jazzclub, der coronabedingt leider nicht bespielt wird, abstellen. Und das WiFi Passwort im Hotel lautete natürlich Maradona1960 – ich musste wirklich schmunzeln. Er wird hier noch immer verehrt wie ein Gott, obwohl es über 30 Jahre her ist, dass er den SSC Neapel aus dem Tal der Tränen geführt hat – uj, das klingt jetzt aber pathetisch, passt aber zu Maradona und Neapel.

Ich habe 3 Tage in dieser chaotischen Stadt verbracht und diese sehr genossen. Niemals hatte ich das Gefühl, dass es gefährlich ist – überall waren Unmengen an Menschen auf der Strasse. Leider hat man auch sehr viele Obdachlose, die sich auf den Gehsteigen ihre Schlafstätten hergerichtet hatten, gesehen.

Pompei und Vesuv habe ich im Rahmen einer geführten Tagestour gemacht – das war sehr interessant und außerdem habe ich ein paar nette Leute, die ebenfalls diese Tour gebucht haben, kennengelernt. Ilaria und Flaka (Mutter und Tochter) aus dem Kosovo und Jan aus der Schweiz. Flaka macht gerade ihren PhD in Medizin in Basel und ihre Mutter Ilaria lebt in Prizren im Kosovo. Jan hat seinen letzten Job mit Jahresende gekündigt und seine neue Beschäftigung beginnt erst im März – also nutzt er die Zeit, um Italien mit dem Zug zu bereisen – ohne Frau und Kinder (er hat gemeint, dass es gut ist, dass er Urlaub von der Familie machen kann und seine Frau ist froh, dass sie Urlaub von ihm machen kann). Ja, so kann das auch funktionieren. Wir 4 haben uns sehr gut verstanden und über Gott und die Welt diskutiert.

Und kulinarisch gibt Neapel natürlich auch was her: hier habe ich auf meiner Reise die 1. Pizza und das 1. Eis (die Temperaturen passen) genossen. Beides hat fantastisch gemundet.

Am Donnerstag ging es dann weiter Richtung Süden. Zuerst musste ich aber einmal raus aus der Stadt und das in der Rush Hour. Es war nicht nur der Wahnsinnsverkehr (man muss wirklich aufpassen wie ein Haftelmacher), sondern auch die Strasse (alles Kopfsteinpflaster) stellte eine Herausforderung dar. Nach einer gefühlten Ewigkeit, müde vom konzentrierten Fahren und durchgeschüttelt war ich froh, endlich einen Radweg befahren zu können. Und auch dort hieß es aufpassen: immer wieder lagen Glasscherben auf der Fahrbahn.

Irgendwann habe ich Neapel hinter mir gelassen und bin durch kleinere Städte geradelt und dabei habe ich bemerkt, dass die Kette ein komisches Geräusch macht. Wahrscheinlich muss sie geölt werden – ich war gerade am Überlegen, ob ich das gleich erledigen soll (ich habe Kettenöl dabei) oder erst, wenn ich am Zielort bin, da sehe ich eine Fahrradwerkstätte. Ein junger Mann schraubte gerade an einem Fahrrad herum – neugierig wollte er gleich wissen, woher ich komme. Als ich ihm sagte, dass ich aus Österreich hergeradelt bin (ausgenommen die Strecke mit dem Zug) war er ziemlich beeindruckt. Er wollte dann auch kein Geld dafür, dass er die Kette geölt hat.

Überhaupt kommen mir die Leute hier im Süden viel offener und gesprächiger vor. In einer der nächsten Ortschaften habe ich an einer Kreuzung angehalten, um am Handy zu checken, in welche Richtung ich weiter muss. 4 junge Männer, die vor einem Lokal saßen, haben mich angesprochen und auch sie waren sehr beeindruckt, dass ich mit dem Rad schon so weit gefahren bin und wollten alles mögliche wissen (wieviele km pro Tag ich fahre/ wo ich übernachte / wie alt ich bin/…) Einer ist dann in ein Geschäft gelaufen und mit einer Flasche Mineralwasser, Schokolade und 2 Orangen zurückgekommen. Mit den Worten „Du musst ja ordentlich essen und trinken“ überreichte er mir die Sachen. Mille Grazie! 

Ich bin an diesem Tag noch weiter nach Sorrento, wo ich übernachtete. Dann stand die Amalfiküste am Programm – das bedeutete einige Höhenmeter und viel Strampeln, aber auch wunderschöne Ausblicke auf das Meer. Die Küstenstraße ist um diese Jahreszeit zum Glück nicht stark befahren – ich kann mir vorstellen, wie es sich hier im Sommer abspielt.

Nach einer Übernachtung in einem tollen Bed + Breakfast in Positano (La Maliosa D‘Arienzo idyllisch über dem Meer gelegen mit Orangen/Zitronen/Olivenbäumen + Frühstück auf der Terrasse in der Sonne) ging es weiter über Minori nach Salerno. Gestern (Samstag) + heute (Sonntag) sind mir sehr viele Rennradler begegnet und die waren wirklich extrem nett. Ich habe so viele motivierende „bravissima“ und „complimenti“ Rufe gehört – einer hat laut „Super-Woman“ gerufen, gerade als ich absteigen und schieben wollte, weil es so steil war. Na, als „Super-Woman“ kann man nicht schieben, also heisst es Zähne zusammenbeissen und weiter strampeln. 

Ein Radler war bereits von weitem zu hören – er hatte eine Art Ghettoblaster dabei und spielte volle Pulle Hells Bells von AC/DC. Was für eine geile Musik zum Radfahren, gerade wenn es einen knackigen Anstieg zu bewältigen gibt. Im Rhythmus der Höllenglocken schafft man die letzten Höhenmeter mit links.

Morgen ist ein Rasttag (Wäsche waschen + Fahrradservice) bevor es weiter geht in den Süden.

Neapel
Mein Fahrrad darf im Jazzclub übernachten
Neapel
Neapel
Neapel
Der Versuch, eine Obdachlosenschlafstätte mit Stofftieren und Pflanzen etwas heimelig zu gestalten
1. Frühstück im Freien
Amalfiküste