Meine Fahrradweltreise

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CHAMPAGNERSEGELN ODER DARF ES DOCH EIN BISSCHEN ACTION SEIN?

„Champagnersegeln“ – dieses Wort habe ich zum ersten mal von Eve gehört. Sie verbringt gemeinsam mit ihrem Mann Jan jeden Winter auf ihrem Segelboot vor den Kanaren. Beide sind noch berufstätig und können es sich jobmässig so einteilen, dass sie immer von Anfang Dezember bis Ende Februar hier in der Wärme herumcruisen und so dem nasskalten Berliner Wetter und dem Weihnachtswahnsinn entkommen. Wir waren ihnen beim Anlegemanöver im Hafen von Rosario behilflich und ein paar Tage später laufen sie uns wieder über den Weg.

„Wir ware heute champagnersegeln“ meint Eve. Vor meinem geistigen Auge tauchen gleich die entsprechenden Bilder auf: blau glitzerndes Meer mit fast nicht vorhandenen Wellen, Sonnenschein und angenehme Temperaturen, eine leichte Brise – sanft gleitet das Segelboot durch das Wasser. In der Hand ein Glas Champagner, dazu ein feines Häppchen – so lässt sich das Leben genießen. „Gehen wir heute auch champagnersegeln?“ frage ich Rupi am nächsten Tag (so wie man in Wien vielleicht fragen würde, ob man einen Nachmittagsspaziergang im Lainzer Tiergarten unternehmen will). „Wir können gerne segeln – aber champagnersegeln wird das heute nicht. Draußen gibts hohe Wellen“ – kaum vorstellbar, wenn man sich die glatte Wasseroberfläche im Hafenbecken ansieht. „Okay, dann halt wildes segeln“. „Na, dann verräum mal alle Sachen am Boot, damit uns nichts um die Ohren fliegt, wenn wir draußen am Meer sind.“ Kurz darauf sind wir startklar – das Dingi (Beiboot) lassen wir am Steg liegen, weil wir es bei der Nachmittagsausfahrt wahrscheinlich nicht brauchen werden – in ein paar Stunden sind wir ohnehin wieder zurück.

Ich darf ans Steuerrad – „Aber gib nicht wieder so viel Gas, wie das letzte mal, sonst rammst du eines der Fischerboote“ meint Rupi. Aber ich mach das schon ganz super, während Rupi die Fender verräumt und die Seile verstaut, manövriere ich ganz souverän raus aus der Marina in einen Bereich, der noch immer windgeschützt ist. Dort setzen wir die Segel, das Hauptsegel und eine Selbstwendefock – die Genua verwenden wir diesmal nicht. Dann Motor aus und unter Segel geht es raus Richtung offenes Meer – es ist eine relativ enge Durchfahrt zwischen einer großen Fähre und der AIDA COSMA, die an diesem Tag vor Rosario liegt. Aber unter Rupis Anleitung funktioniert es tadellos, schon bald bin ich draußen nur noch umgeben von Wasser und kein Objekt in der Nähe, das ich rammen könnte.

Und dann darf ich so richtig loslegen – anluven, abfallen, wenden – das volle Programm bei hohen Wellen und viel Hin- und Herschaukeln (Champagnertrinken wäre da eh nicht möglich gewesen). Das Boot krängt ordentlich, aber Rupi beruhigt: „Brauchst keine Angst haben, da sind 4 Tonnen Blei im Kiel – es stellt sich immer wieder auf.“ Und nach ein paar Stunden geht es wieder zurück Richtung Hafen. Vorbei an AIDA und Fähre in den ruhigeren Bereich, dort reffen wir die Segel. „Schalt den Motor ein“ sagt Rupi. Es sind nur noch ca. 150 m bis zu unserem Steg. „Der Motor ist tot!“ Rupi kommt zu mir – auch ihm gelingt es nicht, den Motor zu starten. „Vermutlich hat sich ein im Meer treibendes Tau um den Propeller gewickelt“ meint Rupi. Wir müssen aber schauen, dass wir irgendwie zu einem Steg kommen, wo wir das Boot festmachen können und dafür brauchen wir jemanden, der uns abschleppt.

Das Problem ist nun die Strömung, die uns wieder raus Richtung offenes Meer und gefährlich nahe an die AIDA herantreibt. Da helfen all unsere Fender auch nichts – Kreuzfahrschiffe haben ja keine Fender – wenn wir dieses Ungetüm touchieren, ist das zwar keine Tragödie, aber das Schiff darf sicher erst weiterfahren, nachdem es vom TÜV eine Freigabe erhalten hat. „Hast eh eine gute Versicherung?“ frage ich. „10 Millionen“ – das dürfte sich ausgehen.

Rupi hat in der Zwischenzeit Florian, den deutschen Bäcker, der auch in der Marina von Rosario liegt, angerufen. Florian verspricht, einen Abschleppdienst zu organisieren. Mittlerweile sind wir wieder draußen am offenen, sehr unruhigen Meer und somit glücklicherweise weg von der AIDA (und ich wundere mich, wie schnell einen die Strömung rausspült). Und dann kommt endlich der „Abschleppdienst“. „Was, dieses Spuckerl will uns in den Hafen schleppen?“ Ungläubig schaue ich auf dieses Mini-Fischerboot, das wie eine Nussschale auf den hohen Wellen hin- und hergeschleudert wird. Im Boot sitzen Florian und ein Fischer – sie werfen uns eine Leine zu, welche wir mit einem Palstek-Knoten an einer Klampe befestigen. Und dann gehts los, aber irgendwie funktioniert das nicht. Der Hafen liegt vor uns auf der linken Seite – das Fischerboot driftet aber immer wieder nach rechts ab (mit uns im Schlepptau). Einerseits ist die Strömung zu stark, andererseits der 40PS Motor unseres Abschleppbootes zu schwach, sodass wir gemeinsam ein paar Runden im Uhrzeigersinn drehen und uns im Endeffekt so gut wie gar nicht Richtung Hafen bewegt haben. Okay, das wird nichts mehr. Wir sagen dem Fischer, dass er uns noch ein Stück Richtung Strand schleppen soll – wir werden dort einfach ankern und am nächsten Tag eine Lösung finden. Gesagt, getan – nach ein paar Minuten passt die Wassertiefe (ca. 8 m) – dort verabschieden wir uns von unseren Helfern und lassen den Anker runter. Das Meer ist sehr aufgepeitscht und ich stelle mich schon mal auf eine unruhige Nacht und auf eine kalte Jause als Abendessen ein. An Kochen ist bei diesem wilden Geschaukle nicht zu denken – wahrscheinlich schneide ich mich 3 x in den Finger, bevor ich fertig bin mit Zwiebel und Kartoffel schälen (ich wollte ein Kartoffelgulasch kochen). Aber die Bilge ist ohnehin voll mit allerhand Essbarem, das nicht gekocht werden muss – verhungern müssen wir keinesfalls.

Rupi hat dann aber noch eine andere Idee: als wir unsere Segel gerefft haben, ist eine 50 Fuß Bavaria mit deutscher Flagge an uns vorbei in den Hafen gefahren – aufgrund seiner Größe muss dieses Boot am äußersten Steg anlegen und für den Skipper wäre es sicher kein großes Problem, noch mal kurz raus zu fahren und uns abzuschleppen. Leider funktioniert die Batterie im Funkgerät nicht, das heisst, wir können ihn nicht anfunken. Also wird Derrick, der Koch aus Belgien, angerufen. „Derrick, bist du am Boot?“ „Ja, bin ich.“ Rupi schildert ihm unsere Situation und bittet ihn, nach vor zum 1. Steg zu laufen und die Bavaria-Crew zu fragen, ob sie uns abschleppen kann.

Es vergehen keine 10 Minuten – schön langsam geht die Sonne unter – und tatsächlich, da kommt die „Lemon Tree“, so der Name der Bavaria, um uns doch noch zu einer ruhigen Nacht im sicheren Hafen zu verhelfen. Die Crew besteht aus 4 Personen: Kerstin und Daniel aus Erfurt mit 2 Gästen.

Also holen wir den Anker wieder rauf und befestigen das Tau, welches uns Kerstin zuwirft an unserem Boot. Und dann geht es recht flott rein in den Hafen, wo auch wir ausnahmsweise am äußersten Steg anlegen. Als Dank für diese Rettungsaktion laden wir unsere Helfer ins Restaurant ein – die Herren haben alle Gusto auf Pizza, also gehen wir ins „Ciao Mare“, wo ausgezeichnete italienische Spezialitäten mit dazu passendem Vino (aber auch cerveza für Rupi) kredenzt werden.

Kerstin und Daniel bieten Segelurlaube an (www.mein-segelurlaub.de) und sind zwischen November und Februar auf den Kanaren, bevor es dann wieder ins Mittelmeer geht, wo sie von April bis Oktober in der Adria cruisen. Für ihre beiden Gäste war die Abschleppaktion eine willkommene Abwechslung und für Kerstin und Daniel war es selbstverständlich zu helfen, zumal kein Segler davor gefeit ist, dass sich ein Seil im Propeller verfängt und den Motor lahmlegt.

Jetzt musste man nur noch das Leinen vom Propeller runterschneiden. Rupi kramt einmal den Tauchanzug hervor. „Kopf oder Zahl?“ fragt Rupi. „Nix“ sage ich – „ich tauche da sicher nicht runter“. „War eh nur Spaß!“ Es ist ihm dann zu mühsam, sich in den Tauchanzug zu zwängen; also hüpft er in Badehose und mit Messer ausgerüstet ins Wasser (so kalt ist es ohnehin nicht) und nach kurzer Zeit taucht er wieder auf mit dem Corpus Delicti in der Hand. Dann wird der Motor gestartet und er schnurrt wie ein Kätzchen – Ende gut, alles gut.

Wenn wir segeln, darf ich ans Steuer bzw. übernimmt bei längeren Fahrten der Autopilot. Dann sind nur noch kleine Korrekturen nötig, sodass das Ganze sehr entspannt abläuft. Am Zielort angekommen bevorzugen wir es zu ankern, solange es Wind und Wellen zulassen. In Playa Blanca auf Lanzarote hatten wir einen perfekten Ankerplatz – windgeschützt und perfekt, um das Treiben auf dem Wasser zu beobachten.

Während des 1. Kaffees können wir schon die Optimisten beobachten, die als erstes die Marina verlassen, um ihr Können zu perfektionieren. Optimisten sind kleine, leichte Boote mit 1 Segel für Kinder und Jugendliche bis ca. 15 Jahre. Sie wirken wie ein Schwarm weißer Schmetterlinge, die über das Meer gleiten/schweben – leicht und unbeschwert.

Und dann Unmengen von Kitesurfern, die mit einem Karacho über das Wasser schiessen, der einen staunen lässt.

Der Sonnenuntergang und die Abendstimmung vom ankernden, leicht schaukelnden Boot aus zu beobachten ist ohnehin das Kitschigste, das man sich vorstellen kann – als Draufgabe dann noch kurz ein Sprung ins Wasser – hier kann man das auch pudelnackt machen.

Das Dingi, ausgestattet mit einem Elektromotor bringt uns innerhalb von ein paar Minuten in die Marina zum Dingi-Dock, wo es mit einem Kreuzknoten befestigt wird. Ich bin schon richtige Knoten-Spezialistin – Rupi ist sehr streng, was Knoten anbelangt und wenn ich einen Knoten schlampig gemacht habe, muss ich ihn aufmachen und neu machen. Dingifahren will auch gelernt sein und gerade bei höheren Wellen kann ich mir gut vorstellen, dass ab und zu jemand über Bord geht. Bei unserem einfachen Dingi kann man sich auch nirgends richtig festhalten – der Punkt ist, dass man beim Hinuntersteigen in das (instabile) Boot gleich in die Knie geht, um den Schwerpunkt nach unten zu verlagern und sich dann an den Rand des Bootes setzt. Das ist die Theorie, in der Praxis schaut es dann vielleicht so aus: Wir kommen grad vom Einkaufen und legen unsere Einkäufe rein ins Boot, das noch am Steg befestigt ist. Rupi steigt ein und nimmt gleich einmal Platz am Bootsrand, dann steige ich ein. Ich löse noch den Knoten und will mich grad hinsetzen, da stößt Rupi das Boot schon weg vom Dock. Und schon lande ich rücklings im Wasser, voll bekleidet (eh nur in Shorts, T-Shirt und Sandalen) und zum Glück habe ich meinen Stoffrucksack (mit Handy, Pass,…) zuerst ins Boot gelegt und nicht am Rücken gelassen. Am Dock gibt es sogar eine kleine Leiter – ich schwimme dort hin und klettere wie eine gebadete Maus aus dem Wasser und muss einmal herzlich lachen. Rupi erzählt mir dann, dass er schon 3x aus dem Dingi ins Wasser gefallen ist (ich weiss jetzt nicht genau, ob dabei das cerveza auch eine Rolle gespielt hat 😉). Blöd ist es halt nur, wenn man sich alleine im Boot in voller Fahrt befindet und dann rausfällt – das Boot fährt dann alleine weiter.

Radfahren auf Lanzarote ist ein großes Vergnügen – mehr dazu das nächste mal.

Rad fährt Boot

Kerstin und Daniel mit ihrer Lemon Tree

Unser Ankerplatz

Jeden Abend das gleiche Schauspiel

zwischendurch ein Sprung ins kühle Nass

Heute gehts auf den Vulkan

Zeit fürs Frühstück – die gesunden Sachen sind für mich

Ganz was Seltenes – Regen auf Lanzarote

AUF ZU NEUEN UFERN

MIR FEHLT DAS MEER – in fetten Riesenlettern prangt dieser Spruch auf einem Transparent, welches am Balkon einer Wohnung beim Wiener Naschmarkt angebracht ist (man sieht es auch sehr gut, wenn man mit der U4 stadteinwärts fährt, kurz vor der Einfahrt in die Station Kettenbrückengasse – man muss nur raufschauen zur Linken Wienzeile). Ich wohne ganz in der Nähe und denk mir immer, wenn ich es sehe: MIR AUCH!

Und seit einigen Wochen schon bin ich nun von Meer umgeben und damit verbunden viel Sonne und angenehme Temperaturen. Ich wohne auf einem Segelboot, welches momentan im Hafen von Puerto del Rosario auf Fuerteventura liegt.

Nachdem ich nach meinem Pamir Highway – Radtrip schon wieder mehr als 1 Jahr in Österreich verbracht habe (verbunden mit einem tollen Job als Köchin), war es allerhöchste Zeit, sich wieder ins Abenteuer zu stürzen.

Ursprünglich geplant war, mit dem Drahtesel von Paris nach Dakar zu radeln. Die für 5-6 Monate anberaumte Reise (mit Start in Paris Anfang November) wollte ich nicht allein machen – 2500 km durch die Sahara zu fahren sind kein Honiglecken und der Gedanke, dass ich in der Wüste bei Sandsturm und Skorpionen eine Panne habe (und niemand da ist, der mir hilft), war nicht grade prickelnd. Obwohl es etliche Leute (auch Frauen) gibt, die diese Sache allein durchziehn. Und man weiss ja auch, dass 95 % aller Befürchtungen sowieso nie eintreffen. Bei der Suche nach einem passenden Reisebuddy bin ich über die Anzeige von Rupi gestolpert. Rupi, ein Vorarlberger ist Einhandsegler, der sein 40 Fuß (12m) Segelboot vor den Kanaren liegen hat und nach dem Motto „Hand gegen Koje“ für den Winter eine Mitseglerin sucht. Paris-Dakar rennt mir schon nicht davon, denk ich mir und schreib ihn an. Ich bin zwar noch nie gesegelt, finde die Idee aber spannend und die Vorstellung, dass ich die Kanarischen Inseln mit Fahrrad und Wanderschuhen entdecken kann, wann immer das Boot im Hafen oder vor Anker liegt, ist sehr reizvoll. Außerdem kann ich meine Spanischkenntnisse, die etwas eingerostet sind, wieder aufpolieren.

Voraussetzung ist aber, dass wir beide uns verstehen und dass mir die doch etwas beengten Verhältnisse am Boot zusagen. Wir treffen uns daher im September, um gemeinsam von Fuerteventura nach Lanzarote zu segeln. Rupi, der das Boot vor 30 Jahren selbst gebaut hat (und daher auch alles selbst reparieren kann) verfügt über eine lange Segelerfahrung und so fühle ich mich sicher an Bord. Außerdem verstehen wir uns gut und beschließen, den Winter gemeinsam am Boot zu verbringen. Das ganze soll ohne Stress ablaufen – wir richten uns nach dem Wind und lassen uns treiben. Nachdem die Inseln viel zu bieten haben, gibt es viele Möglichkeiten der sportlichen Betätigung. Da wir ohnehin nicht die ganze Zeit aufeinander picken wollen, unternehme ich auch immer wieder alleine Rad- oder Wandertouren, während Rupi am Boot herumschraubt.

Der Wind war in den letzten Wochen sehr ungünstig – statt des üblichen NO Passats kommt starker Südwind, der hohe Wellen in den Hafen von Rosario, wo wir momentan liegen, reindrückt. Eines Morgens werde ich sehr unsanft geweckt – die Wellen schlagen so heftig gegen den Bootsrumpf, sodass ich gleich auf die andere Seite des Bettes rolle. Über meinem Bett befindet sich die Notausstiegsluke – ich stecke meinen Kopf raus. Am Steg, der sich auch heftig hin- und her bzw. auf- und ab bewegt stehen ein paar Skipper beisammen – Rupi ist auch dabei – und diskutieren. Immer wieder besorgte Blicke rauf zu den Masten – die Boote führen auf den hohen Wellen einen wilden Tanz auf und immer wieder stoßen die Masten zusammen. Direkt neben uns liegt ein britisches Boot – am Masten haben sie das Ankerlicht und einen Windmesser angebracht – beides ist kaputt. Bei uns ist glücklicherweise nichts kaputt gegangen. Einige Boote im Hafen sind nicht bewohnt. Da Gefahr in Verzug ist, gehen die anwesenden Skipper zu diesen Booten und prüfen, ob die Taue nicht durchgescheuert bzw. ob die Fender richtig gesetzt sind und beheben dann entsprechende Mängel. Normalerweise ist das nicht erlaubt, in diesem Fall aber wichtig, um zu verhindern, dass Boote beschädigt werden.

Nicht nur das Schauspiel der wild tanzenden Boote ist beeindruckend – die dazugehörige Geräuschkulisse steht ihm in nichts nach. Es ist ein Geächze, Geseufze und Gestöhne, ein Wimmern, Jammern und Weinen; ausserdem scheint die halbe Tierwelt anwesend zu sein. Man hört Löwen brüllen, Kätzchen miauen (oder weint da ein Baby?), einen Vogel, der einen lauten Pfiff von sich gibt – unglaublich welche Geräusche durch die Seile, Taue, Takelage, Masten, Stege,… entstehen.

Ich beschließe, an diesem Tag auf dem Boot zu bleiben. Der schmale, ca. 50cm breite Steg, der vom Boot zum ca. 2m breiten Hauptsteg führt, bewegt sich wie wild hin und her. Auch die Britin vom Nachbarboot wagt sich nur auf allen Vieren nach vor zum befestigten Teil des Hafens.

Ich frage mich eh, wie viele (schon etwas angeheiterte) Leute hier schon ins Wasser gefallen sind.

Ich bin zwar noch nicht reingefallen, dafür habe ich eine spezielle Fotosession am Steg abgehalten. Rupi ist unter Deck, ich will unbedingt ein Foto vom Boot, daneben das Rad, das ich mir hier zugelegt habe und dazu die Wanderschuhe. Leider ist es noch immer ziemlich windig – auch der breite Hauptsteg führt sich auf wie ein Berserker-Drachen. Mir gelingt es aber, das Rad neben den Bug zu stellen, dazu die Wanderschuhe. Dann schnell ein Foto gemacht – und dann mache ich den Fehler und schau mir das Foto am Handy an und lasse kurz das Fahrrad aus den Augen. Im nächsten Moment liegt das Rad im Meer (hier ca. 7m tief) – ich kann grad noch den Lenker fassen und das Gefährt mit Müh und Not aus dem Wasser ziehen. Jetzt ist es halt ein richtiges Inselfahrrad – getauft mit Meerwasser. Rupi spritzt es dann noch ab mit Süßwasser und schmiert es an den wichtigen Stellen.

Wenn man längere Zeit im Hafen liegt, so lernt man auch die Nachbarn kennen (Es ist ein bisschen wie in einer Reihenhaussiedlung, nur eben am Boot). Da ist einmal Florian, ein bayrischer Bäcker. Seine Eltern haben hier vor ca. 40 Jahren die Panaderia Alemana eröffnet, die mittlerweile von ihm betrieben wird. Er lebt am Boot genau so wie Derrick aus Belgien. Er ist Koch und lebt mit seiner Frau Yrina, die aus Fuerteventura stammt, in einem 10m Boot. Sehr cosy – mir wäre es auf Dauer zu eng, obwohl das Interieur wirklich sehr einladend ist. Man besucht sich dann auch mal gegenseitig auf einen Drink (Bier, Gin und Tonic sind immer eingekühlt). Dann gibt es noch unseren Nachbarn direkt gegenüber – er ist Deutscher, auch bereits in Pension und er will keinesfalls mehr zurück nach D. Er will auch nicht mehr segeln, sondern einfach nur hier in Rosario am Boot leben. Die Hafengebühr ist leistbar (EUR 14,00 pro Tag).

Rosario selbst ist nicht grad der Heuler – man muss schon etwas suchen, um charmante Ecken zu entdecken. Aber es gibt schöne Strände und ausserdem ein paar sehr nette Lokale (La gula – „Die Völlerei“, mein absoluter Favorit).

Ich koche zwar zumeist selbst (Rupi ist nur für die niederen Kombüsendienste zuständig, z.b. die Töpfe am Herd festhalten, wenn das Boot stark schaukelt, bzw. Orangensaft pressen zum Frühstück), trotzdem genießen wir von Zeit zu Zeit auch die Gastronomie vor Ort.

Und das Wetter ist sowieso ein Argument. Wenn ich sehe, dass es in Wien 3 Grad hat(grau in grau und nasskalt) und ich genieße mein Frühstück an Deck in der Sonne im kurzärmeligen Shirt und in kurzer Hose. Auch untertags ist die Temperatur angenehm (22 Grad), sodass man die Vitamin D Speicher gut auffüllen kann. Und die Tage sind sowieso ca. 2 Stunden länger als in dem 20 Breitengrade nördlicher gelegenen Wien (Sonne von 08:00 – 18:00).

Interessant ist auch das „Hafenkino“ – zu beobachten, wie neue Boote ankommen. Die Boote müssen mit 2 Flaggen versehen sein: 1. die Flagge des Landes, in dessen Gewässern man sich befindet. D.h. Alle Boote hier haben die spanische Flagge am Mast. Die 2. Flagge, die man hissen muss betrifft das Land, in welchem das Boot registriert ist. Rupi hat das Boot in Ö registriert, daher haben wir die österreichische Flagge am Mast. Sehr viele Boote hier haben die polnische Flagge (Wow, da sind aber viele Polen hier) – die Lösung ist folgende: Polen hat extrem niedrige Gebühren, deshalb lassen auch viele Nicht-Polen ihr Boot in Polen registrieren. Und dann gibt es noch viele Japaner (was machen die hier auf den Kanaren??) – tatsächlich gibt es die Flagge der Einhandsegler, die ausschaut wie die japanische. Einhandsegler signalisieren damit, dass sie allein an Bord sind und nichts dagegen haben, wenn ihnen jemand beim Hafenmanöver behilflich ist.

Das Interessante beim Hafenkino ist, dass zumeist die Männer lässig am Steuerrad stehen und die dazugehörigen Frauen die ganze Arbeit machen müssen (Fender positionieren, Taue verstauen,……). Rupi erzählt, dass er bei den Manövern oft Zeuge von Beziehungstragödien wurde – schon 5 Meter vor dem Steig werden die Frauen von den (hypernervösen) Männern aufgefordert, mit dem Tau zu springen (sie stehen ohnehin zumeist sprungbereit an der Reling) und dann das Boot mit voller Kraft zum Steig zu ziehen und an der Klampe zu verknoten.

Kürzlich kam ein Boot (mit österreichischer Flagge), ein Paar aus dem Burgenland mit 5- und 7- jährigen Söhnen. Sie verbringen ihr Sabbatical am Boot (zuvor im Mittelmeer und jetzt kommen sie grad von Agadir) – bis zum Herbst wollen sie wieder zurück in Ö sein. Da unser Nachbarplatz mittlerweile frei ist (die Engländer sind weggesegelt), möchte er sich neben uns einparken. Er fragt Rupi, aus welchem Material unser Boot ist (Stahl). In diesem Fall kann er nicht neben uns parken, weil er hat ein Alu-Boot. Große Fragezeichen meinerseits. Rupi erklärt mir, dass ein Aluboot nicht neben einem Stahlboot liegen darf, weil spätestens nach 1 Woche wird das Aluboot dann ein Loch haben. Das ganze hat mit Galvanik zu tun (das salzige Meerwasser spielt dabei auch eine Rolle) und ich höre zum 1. mal von Opferanoden (in Physik und Chemie war ich nie eine Leuchte).

Neben uns parkt dann ein französisches Boot, ebenfalls mit 2 Kindern an Bord. Beide Mädchen sind sehr süß und auch so ca. 6-7 Jahre alt. Es dauert nicht lange, schon tauchen die blonden Haarschöpfe der burgenländischen Buben am Steg auf – sie haben die Mädchen schon entdeckt. Und sie bringen auch gleich Geschenke mit: Spielzeugautos für Les Mademoiselles. Die Mädchen revanchieren sich – ebenfalls mit Spielzeugautos. Die Buben ziehen wieder ab – jetzt müssen sie andere Geschosse auffahren: Nach einiger Zeit sind sie wieder da – in der Hand je eine Kette mit bunten Sternen dran (ich glaub, die Mama hat ihnen beim Basteln geholfen). Mercie sagen die kleinen Französinnen.

Jeden Tag legt in Rosario mindestens 1 Kreuzfahrtschiff an – ich google dann gleich beim Frühstück die ganzen Eckdaten. (Wieviele Passagiere? Länge?, Breite?) Rupi erklärt mir, dass die Schiffe nicht breiter als 32m sein dürfen, da sie ansonsten nicht durch den Panamakanal fahren können (Panamax-Breite). Der Kanal, der wegen Trump grad wieder Thema ist, wurde aber 2016 erweitert und seither können Schiffe bis 49m Breite durchfahren. Aha.

Ich habe schon einige Radtouren auf Fuerteventura gemacht – im Ortsgebiet gibt es oft Radwege. Überland war ich auf zumeist auf Bundesstraßen unterwegs – alle haben einen ca. 1 m breiten Pannenstreifen, sodass es ganz okay war. Und das Tolle ist: man darf Fahrräder (KEINE e-bikes) in öffentlichen Bussen ohne Mehrpreis mitnehmen. So kann man in die diversen Winkel der Insel mit dem Bus fahren und dann gemütlich zurückradeln. Höhenmässig gibt es ja keine großen Herausforderungen (der höchste Berg hat ca. 800m), es ist eher der Wind, der einem durchaus heftig entgegen blasen kann.

So, das wars nun fürs Erste – Fortsetzung folgt!

Rupi am Steuer

Ich als Dingi-Kapitän

Boot, Wanderschuhe und Rad (kurz bevor es abgesoffen ist)

Im Salon – mit Kombüse (mein Reich)

Typische Landschaft auf Fuerteventura

Etwas Weihnachtsstimmung im Yachthafen

Heute gehts am Meer entlang

durch hübsche Ortschaften (hier die ehemalige Hauptstadt Fuerteventuras, Betancuria)

Waschtag

Zwischendurch ein Barraquito