Meine Fahrradweltreise

Schlagwort: Tadschikistan (Seite 1 von 1)

PAMIRSKI TRAKT

Es hat ca. 1 Woche gedauert, bis Karl wieder fit genug war, Richtung Pamir weiterzureisen. Am „Taxi to Pamir“ Bahnhof in Duschanbe haben wir relativ einfach Kontakt zu einem Fahrer mit Toyota Land Cruiser hergestellt. Wir wählen für die 15 stündige Fahrt in das 600km entfernte Khorog die Luxusvariante, d.h. die Fahrräder kommen ins Fahrzeug (und nicht wie sonst üblich aufs Dach) und ausser uns werden keine Personen mitgenommen – normalerweise werden in einen Land Cruiser bis zu 10 Leute reingequetscht. Preis: 4.000,00 Somoni (320,00 EUR) – sehr viel Geld in Tadschikistan.

Der Fahrer rät us noch, genügend Kopien des GBAO Permits (die Sondergenehmigung für die Pamirregion) mitzunehmen – das macht es einfacher bei den vielen Checkpoints, die uns auf der Strecke erwarten. Unser Rezeptionist ist so nett und kopiert die Permits je 10 x – das sollte reichen.

Zu Mittag werden wir dann vom Hotel abgeholt, nachdem alles im sehr geräumigen und wirklich luxuriösen Fahrzeug verstaut ist, geht es raus aus dem brütend heissen Duschanbe Richtung afghanische Grenze. Die Straßen sind anfangs noch ganz gut – am Straßenrand verkaufen Bauern Trauben, Marillen, Äpfel und Tomaten. Weiter gehts dann durch Danghara, wo 2018 bei einem Terroranschlag 4 Radtouristen (1 Pärchen aus den USA, 1 Schweizer und 1 Niederländer) ums Leben kamen. Tadschikische IS Terroristen sind mit ihrem Fahrzeug in die Radlergruppe gefahren und haben anschliessend die am Boden liegenden schwerverletzten Personen mit Macheten und Äxten attackiert. Am besten gar nicht dran denken.

Es geht immer weiter rauf in die Berge und um ca. 17:00 erreichen wir den Gebirgsfluss Panj, der die natürliche Grenze zu Afghanistan bildet. Wilde, schroffe und auch etwas furchteinflössende Berge, dazwischen tost der Panj ins Tal. Unsere Strasse führt jetzt am reißenden Fluss entlang und man kann ganz gut das Leben auf der anderen Seite in Afghanistan beobachten. Einfache Dörfer (aber in Tadschikistan sind sie auch nicht viel besser), Fussball spielende Kinder am Dorfplatz, ein Mann fährt mit einem Moped die Strasse lang – am Sozius sitzt eine Frau in blauer Burka, ein paar Männer tragen am Rücken schwere Heuballen. In den Ortschaften sieht man auch die weisse Talibanflagge mit schwarzen Schriftzeichen. Und ab und zu sieht man auch die schwarz gekleideten Taliban – immer unterwegs in einem weissen Pick-up.

Unser Fahrer spricht leider kein Englisch – wenn er uns was mitteilen will, ruft er eine englischsprechende Frau an und die übersetzt dann. Um ca. 18:00 kommen wir in die Kleinstadt Kalaikhum und dort teilt er uns mit, dass wir uns im Supermarkt noch Lebensmittel kaufen sollen, weil wir frühestens um 23:00 etwas zu essen bekommen. Wir wussten bereits im Vorfeld (auch durch die Cycling East WhatsApp Gruppe), dass die Strasse von Kalaikhum Richtung Rushan Baustelle ist – Chinesen bauen dort eine neue Strasse. Diese 100km lange Strecke ist untertags gesperrt und wird erst ab 18:00 bis 07:00 für den Verkehr geöffnet.

Was war ich froh, dass wir in einem bequemen Fahrzeug mit erfahrenem Lenker saßen – die Strasse war der absolute Horror. Schotter, Sand, wildeste Buckel, total eng – auf der einen Seite war der Berg, auf der anderen Seite ging’s steil runter zum Panj. Paris – Dakar ist nix dagegen. Und es waren extrem viele voll beladene LKW‘s – viele mit Überbreite – unterwegs. Oft hab ich mir gedacht „Das geht sich nie aus“ und unser Fahrzeug hat sich ein paar mal gefährlich nah dem Abgrund genähert. Ab und zu sind LKWs auch liegen geblieben – LKW Fahrer mit Stirnlampe ausgerüstet haben in der Dunkelheit inmitten von Staub und Steinen Reifen wechseln müssen. Auf dieser Strecke habe ich auch zum 1. Mal 5 km/h -Beschränkungen gesehen – mehr hätte man da sowieso nicht fahren können. Unser Fahrer hält sich mit Energy Drinks (nicht der Rote Bulle, sondern der Gorilla verleiht hier Flügel) wach – die leeren Dosen werden einfach durch das offene Fenster entsorgt.

Nach ca. 5 Stunden, es ist mittlerweile 23:00, wird die Strasse etwas besser und es gibt auch vereinzelt wieder kleine Siedlungen. Bei einem Haus bleibt der Fahrer stehen und deutet uns dann: Kommt rein, hier gibts Abendessen. Es ist eine einfache, ärmliche Behausung. Drinnen herrscht Vollbetrieb. Im Garten unter Maulbeerbäumen stehen mehrere Tapchans, die für Zentralasien üblichen Tagesbetten, die zum Essen und Schlafen benützt werden. Eine Gruppe Reisende hat es sich darauf mit dem Essen bequem gemacht. Auch uns wird Suppe, Brot und Tee angeboten. Ich hab keinen Hunger mehr, aber Karl nimmt gerne Gemüsesuppe und Brot. Ich trinke eine Schale Chay. Die Reisenden verschwinden dann wieder – sie haben die 5 stündige Fahrt durch den Baustellenabschnitt (in die Gegenrichtung) noch vor sich.

Da sowohl der Fahrer, als auch wir ziemlich müde sind, beschließen wir, hier auf den Tapchans zu übernachten. Duschen gibt es keine, Wasser zum Händewaschen und Zähneputzen kommt aus einem Rohr – das WC findet man leicht, man muss nur dem beißenden, grauslichen Gestank folgen. Es gibt aber auch ein paar Büsche, ich entscheide mich für den zweiten von links.

Am nächsten Tag gibt es noch Frühstück, dann geht es relativ flott nach Korogh, wo wir ein Hotel für 2 Nächte gebucht haben. Korogh ist eine nette Kleinstadt mit relativ vielen Touristen und trotz (oder gerade wegen) der Nähe zu Afghanistan mit sehr vielen westlich gekleideten Bewohnerinnen – Kopftuch trägt hier sowieso niemand. Eine afghanische Botschaft gibts hier übrigens auch. In der Touristeninfo holen wir uns noch eine Liste der homestays (Privatunterkünfte) auf dem Pamir Highway, außerdem will ich vom sehr kompetent wirkenden und perfekt Englisch sprechenden Mitarbeiter wissen, ob wir das Wasser aus den Flüssen und Bächen (ohne Filter) trinken können. „Kein Problem“, meint er „das Wasser kommt direkt aus den Bergen und kann bedenkenlos getrunken werden“. Sicherheitshalber frage ich dann noch in der „Cycling East Gruppe“ nach, ob jemand Erfahrungen mit ungefiltertem Wasser am Pamir Highway hat. Ein deutscher Radler antwortet mir, dass er nur ungefiltertes Wasser aus den Bächen getrunken hat und er hatte nie Probleme. Andere raten mir davon ab, sie meinen, sie trinken ausschliesslich gefiltertes Wasser.

Im Magazin (kleiner Supermarkt) decken wir uns noch ein mit Instantnudeln und Keksen, ausserdem brauchen wir noch eine Gaskartusche. Leider gibts nur eine Butangaskartusche – bei niedrigen Temperaturen kann es sein, dass man keine Flamme zusammenkriegt – ideal wäre eine Mischung aus Butan- und Propangas; so eine Kartusche haben sie leider nicht. Also nehme ich dann doch die Butangaskartusche und hoffe, dass es nicht zu kalt sein wird, falls wir im Zelt übernachten und selber kochen müssen.

Da wir unbedingt auch den Wakhan Korridor sehen wollen, die Straßen dort aber miserabel sein sollen, beschließen wir folgendes: Wir nehmen in Khorog ein Taxi, das uns mitsamt Rädern durch den Korridor und dann weiter rauf zur M41 (Pamir Highway Nähe Alichur) bringt und erst dort beginnen wir mit dem Radeln.

Gesagt, getan: Auch hier wieder mit einem Toyota Land Cruiser gehts runter in den Süden, den Panj entlang, vorbei an Ishkashim. Dort gibt es eine Brücke (Niemandsland) rüber nach Afghanistan und bis zur Machtübernahme durch die Taliban gab es auf dieser Brücke jede Woche einen Markt, der sowohl bei Afghanen als auch bei Tadschiken und Touristen sehr beliebt war. Aber das ist leider Geschichte. Jetzt wird das ganze Areal streng bewacht.

Vorbei durch kleine Ortschaften, auf den Wiesen sieht man Kuh- und Schafherden, auf den Feldern wird alles noch von Hand gemacht (was für eine harte Arbeit!). Auf der afghanischen Seite immer wieder Blicke in Seitentäler, wo die schneebedeckten Gipfel des Hindukusch hervorlugen. Wir müssen dann auch noch über einen Pass auf ca. 4300 m Höhe – es ist saukalt. Man sieht Schaf- und Ziegenherden mit Hirten. Eine Hirtenfamilie (Vater, Mutter, ca. 15 jähriger Sohn) kommt zum Auto, als wir uns im Schritttempo über die Buckelpiste mühen. Vater und Sohn unterhalten sich mit dem Fahrer – ich zücke mein Handy und frage die Frau, ob ich ein Foto von ihnen machen darf. Die hat sich gefreut – sofort hat sie den Schal, den sie als Wind- und Sonnenschutz vor Mund und Nase hat, abgenommen und das Kopftuch zurechtgerückt. Dann ein freundliches Lächeln aufgesetzt, während die 2 Männer gar nix von der ganzen Fotosession mitbekommen, weil sie so sehr in das Gespräch mit dem Fahrer vertieft sind. Später kommt ein weiterer Hirte, der dem Fahrer ein paar Zigaretten abschnorrt – auch er lässt sich gerne fotografieren.

Unsere Entscheidung, den Wakhan Korridor mit dem Taxi zu machen war goldrichtig: die Strasse wird immer schlimmer. Teilweise extrem steile Passagen, kein Asphalt, nur Schotter und Sand, wilde Rumpelpisten. Und dann beginnt es auch noch zu regnen. Wir sehen 2 voll bepackte Radfahrer, wie sie sich abplagen – ich beneide sie nicht.

Endlich kommen wir rauf zur M41 auf 4.000m Höhe – tatsächlich asphaltiert mit ein paar Schlaglöchern, aber noch geht sie eben dahin und ist super zum Radeln. Es ist mittlerweile 18:00, die Sonne geht bald unter und wir kommen zu einem homestay. Vor dem Gebäude stehen eine ganze Menge Räder. Wir laden unsere Sachen aus dem Taxi – der Taxifahrer fährt wieder zurück nach Khorogh. Wir haben Glück: es gibt noch freie Betten. Im Vorraum stehen mindestens 10 Paar Schuhe, weiter in die Wohnküche. Links wird schon fleissig gekocht – um 19:00 gibt es Abendessen. Am langen Tisch sitzen ausschliesslich Männer, trinken Tee und unterhalten sich. „Hi, good evening!“ „Good evening“ kommt es freundlich zurück. Auf der rechten Seite gibt es ein Waschbecken mit einem kleinen Spiegel – dort kann man sich die Hände waschen und Zähne putzen. Weiter vorne steht ein Ofen – er wird beheizt mit getrocknetem Kuhdung – auf der Platte ein grosser Topf mit kochendem Wasser. Links neben dem Ofen die Tür zur Dusche: ein paar Männer am Tisch (mit Handtuch um den Hals) warten drauf, dass sie an der Reihe sind. Rechts führen 2 Türen in die Schlafräume – ich stell meine Radtaschen gleich in den 2. Raum, in welchem noch 2 Betten frei sind. Es sind ohnehin nur 3 Betten drinnen – auf einem Bett sitzt Anne aus der Schweiz und liest. Sie ist älter als ich und bereits die 2. Nacht im homestay, weil sie sich etwas auskurieren muss, ausserdem wartet sie auf ihren Freund, der am nächsten Tag mit dem Taxi nachkommen soll.

Am Tisch steht eine Schüssel mit süßen Marillen, ein Teller mit Fladenbrot und eine Schale mit Butter. Ich greife gleich zu bei den Marillen – Karl macht sich ein Butterbrot.

Um Punkt 19:00 sitzen alle am Tisch – Futter gibts! Eine Gemüsesuppe und dann Plov mit Rindfleisch. Und dann kommt man auch zum Reden: alle sind mit dem Rad da. Eine 6-er Gruppe (2 Deutsche Mitte 30, 1 Schweizer Mitte 30, 3 Inder – 2 davon ca. 60, 1 Mitte 30) ist seit 1 Monat gemeinsam unterwegs. Sie haben einander vorher nicht gekannt und sich über das Internet kennengelernt und wollen durch dieses Experiment rausfinden, wie eine bunt zusammengewürfelte Truppe in Extremsituationen funktioniert. Sie haben den Wakhan Korridor mit dem Rad gemacht (mit vielen Übernachtungen im Zelt in der Wildnis), mussten dabei natürlich immer auf den Schwächsten Rücksicht nehmen bzw. ihn unterstützen, damit die Gruppe vorwärts kam. Sie erzählen, dass mittlerweile die Zusammenarbeit so gut klappt, dass wenn immer jemand einen Platten hat, der Schlauchwechsel abläuft, wie ein Boxenstopp beim Formel 1 Rennen. Super Sache!

Ein weiterer Radler am Tisch ist Daniel aus Polen (ich schätze ihn auf ca. 40). Er kommt aus Stettin und hatte 2015 folgende verrückte Idee: Er möchte in jener Großstadt, die am weitesten von seiner Heimatstadt entfernt liegt und ebenfalls mit „S“ beginnt mit dem Rad starten und dann zurück nach Polen radeln. Und so kam es, dass er sein Rad für den Flug verpackte, nach Sydney flog und dort mit dem Radeln Richtung Stettin begann. Mit vielen Unterbrechungen – er arbeitet zwischendurch auch immer wieder – hat er mittlerweile ca. 50% des Weges geschafft. Sein Nickname auf WhatsApp (er ist natürlich auch in der Cycling East Gruppe) lautet DanTheManWithNoPlan – wie passend! Die Inder am Tisch fragen ihn, wie er das Radfahren in Indien empfunden hat (er war ein paar Monate mit dem Rad am Subkontinent unterwegs). Das Schlimmste an Indien war für ihn „the absolute lack of privacy“. Wann immer er wo hin kam, wurde er von Hunderten Leuten umringt, die ihn und sein Rad anfassten. Und einmal stellte er sein Zelt im Garten eines Hotels auf (nachdem er das Okay vom Hotel hatte) und lag dann im Zelt und las – da wurde doch glatt von aussen der Reißverschluss geöffnet und ein Inder steckte neugierig seinen Kopf ins Innere. Und noch eine Besonderheit aus Indien: die furchtbaren Hupen. Er erzählt, dass er oft durch wirklich schöne ruhige Gegenden geradelt ist, dann kommt ein Auto daher und der Fahrer hupt begeistert – ein furchtbar lautes Gedudel, das mindestens 5 Minuten anhält – er ist seit Indien halb derrisch.

Ich mag solche bunt zusammengewürfelte Runden von unkomplizierten Abenteurern mit verschiedenen Nationalitäten, wo jeder wilde, verrückte Geschichten zu erzählen hat und eines haben diese zufälligen Treffen gemein: sie finden immer an Orten statt, wo es absolut keinen Luxus gibt. Abenteuer und Luxus scheinen einander auszuschließen.

Und so ist der einzige Luxus in diesem homestay auf 4.000m Höhe der Anblick des wundervollen, durch keine Lichtverschmutzung beeinträchtigten Sternenhimmels, wenn man in der Nacht auf das WC, welches sich im Freien in einem Verschlag neben dem Kuhstall befindet, muss.

So, unser erster Radlertag auf 4.000hm steht bevor. Während ich am Abend vorher noch leichte Kopfschmerzen und Schwindel hatte, geht es mir jetzt sehr gut. Zum Frühstück gibts eine Schüssel mit Milchreis, dazu Brot, Butter und Kaffee. Wir verabschieden uns von der homestay-Betreiberin und den anderen Radlern, dann fahren wir noch zum Dorfbrunnen, um unsere Wasserflaschen aufzufüllen. Unser Ziel für heute ist die 110 km entfernte Stadt Murghab – wir müssen dabei über einen Pass und werden mit Anstieg und Gegenanstieg auf ca. 700hm kommen. Wir haben aber auch Zelt und Lebensmittel dabei, sollten wir die Distanz nicht schaffen (dazwischen gibt es keine Siedlung). Der Wettergott ist uns hold – Sonnenschein, strahlend blauer Himmel und Rückenwind! Los gehts!

Die Landschaft ist wirklich beeindruckend. Imposante Berge, soweit das Auge reicht. Die Strasse ist okay, ab und zu ein Schlagloch, aber damit kann ich leben. So gut wie kein Verkehr, das heisst ich kann in der Mitte der Strasse dahinflitzen. Karl zieht schon wieder davon – ich lass mir Zeit und fahr mein Tempo. Dann kommt die 1. Steigung: Puhh, mir geht gleich die Luft aus! Absteigen, schieben und alle 20 Schritte eine Verschnaufpause! Ich schnauf mich den Anstieg hoch – dann geht es wieder eben dahin. Mit Unterstützung durch den Rückenwind erreichen wir den Pass am frühen Nachmittag. Beide kämpfen wir mit der dünnen Luft. Jetzt ist es Zeit für eine Pause. Wir suchen uns einen windgeschützten Platz, essen ein paar Kekse und beobachten einen Konvoi von 4 LKW‘s, die sich dem Pass nähern. Da sie sehr viel Staub aufwirbeln, wollen wir warten, bis sie vorbei sind, bevor wir uns wieder in den Sattel schwingen. Die LKW-Fahrer in Fahrzeugen mit Aufschriften von Militzer und Münch/CH bzw. Angermayr aus dem Innviertel (alle mit tadschikischen Kennzeichen) winken uns freundlich zu. Nicht nur PKW’s, sondern auch abgeschriebene LKW’s aus Mitteleuropa leisten hier in Zentralasien noch wertvolle Dienste. Die Hälfte der Strecke haben wir fast geschafft – jetzt geht es nur noch bergab oder eben dahin.

Was für ein Genussradeln inmitten einer unglaublichen Bergwelt! Soweit es die Strasse zulässt, können wir die Räder einfach laufen lassen. Ca. 25 Kilometer vor Murghab kommt uns ein vollbepackter Reiseradler entgegen. Konrad, ein junger, sehr zarter Mann aus Halle an der Saale. Er will heute noch 50 km machen und dann noch Zelt aufbauen und kochen – hat dabei aber einen ordentlichen Anstieg mit Gegenwind zu bewältigen. Ich beneide ihn nicht. Er gibt uns dann noch einen Tipp bezüglich homestay in Murghab, dann geht es weiter. 15 Kilometer vor dem Ziel kommt noch einmal ein knackiger Anstieg – Karl ist ca. hundert Meter hinter mir und ich sehe, wie ein LKW neben ihm hält und der Fahrer mit ihm spricht. Dann fährt er weiter. Karl holt mich bald ein und erzählt mir, dass ihm der Fahrer angeboten hatte, uns bis Murghab mitzunehmen. „Und du hast abgelehnt – wie konntest du nur?“ „Es sind doch nur noch 15 Kilometer – das schaffen wir auch ohne Mitfahrgelegenheit.“ Die Steigung ist wirklich heftig – ich schnaufe und schiebe. Da werde ich von 2 Motorradfahrern (1 x Neuseeland, 1 x Deutschland) überholt, beide versuchen, mich mit einem „Daumen hoch“ zu motivieren – ich winke müde lächelnd zurück. Endlich gehts wieder bergab, aber jetzt wird’s richtig zäh. Die letzten 10 Kilometer ziehen sich dahin – ich spüre, wie sich bleierne Müdigkeit über mich legt. Irgendwann kommen wir zu dem homestay, das uns Konrad empfohlen hat – es liegt auf einer kleinen Anhöhe. Ich warte unten bei der Strasse, während Karl zum homestay rauffährt. Ich seh dann, wie er sich mit der Besitzerin unterhält und wie sie runter Richtung Zentrum zeigt. Nein, ich will jetzt nicht mehr weiterfahren – ich bin todmüde. Karl fährt wieder runter zu mir. „Sie hat nur 1 freies Bett. Aber es gibt noch ein anderes homestay im Zentrum. Dort sollen wir es versuchen.“ „Nein, wir nehmen das freie Bett und fragen sie, ob wir im Zimmer unsere Matte ausrollen dürfen – Schlafsack drauf und geht schon.“ „Dann frag du sie, ob das geht.“ sagt Karl. Ich lass das Rad bei der Strasse und geh rauf. Die Besitzerin, eine Kirgisin steht grad in der Küche und schnipselt Gemüse. Sie spricht ein bisschen Englisch. Ich frage sie, ob wir im Zimmer, in dem das freie Bett steht unsere Matte ausrollen dürfen, sodass wir beide einen Schlafplatz haben. Sie geht mit mir in das betreffende Zimmer – ein schneller Blick reicht: an einer Wand ist mehr als genug Platz für eine 80 x 200 cm Matte. Zwei weitere Betten in dem Raum sind bereits belegt von 2 sympathischen jungen Männern. „Hi guys, we are 2 persons and there is just 1 free bed in here. Do you mind if we put our mat here, so that we both have a place to sleep.“ „No problem, just go ahead“ meinen die beiden Geologen aus Amsterdam und einer stellt auch gleich seine Tasche woanders hin, sodass Platz für die Matte ist. Überglücklich, einen Platz zum Schlafen zu haben gehe ich raus zu Karl. Er hilft mir dann, mein Rad die kleine Steigung hochzuschieben (ich bin sooooo müde) und er erklärt sich galanterweise dazu bereit, mir das Bett zu überlassen.

Irgendwo dürften die homestay-Besitzer dann aber doch noch ein Bett aufgetrieben haben, denn während wir beim Abendessen sitzen, wird ein Bettgestell samt Matratze ins Zimmer gebracht und so kann zum Schluss jeder in einem Bett schlafen.

Beim Abendessen treffen wir dann auch Gerhard, einen deutschen Reiseradler, 55 Jahre alt. Er hat Job und Wohnung aufgegeben und lebt von Ersparnissen. Er ist jetzt schon längere Zeit in Zentralasien unterwegs, nachdem er zuvor durch Saudi Arabien, Oman, die Golfstaaten und den Iran geradelt ist. Und als nächstes Land plant er tatsächlich Afghanistan – er ist in einer Afghanistan Radreise WhatsApp Gruppe und meint, dass einige männliche Radler aus westlichen Ländern momentan im Land am Hindukusch unterwegs sind. Durch die WhatsApp Gruppe bekommt er wichtige Infos und er hat keine allzu großen Bedenken, das Land zu bereisen. Er erzählt ausserdem, dass er vor 2 Tagen 2 junge Österreicherinnen getroffen hat – sie sind im Februar mit dem Rad aus Österreich weggefahren und jetzt im Pamir unterwegs.

Die beiden holländischen Geologen, mit denen wir unser Zimmer teilen, sind mit einem in Duschanbe angemieteten Toyota Land Cruiser unterwegs. Sie interessieren sich primär für Höhlen und hoffen ausserdem, bei ihren geplanten Wandertouren durch die Berge Tadschikistans Marco Polo Schafe und eventuell auch einen Schneeleoparden (sehr scheu) zu treffen.

Der nächste Tag ist ein Rasttag (glücklicherweise hat Karl nix dagegen – ich hab schon befürchtet, dass er gleich die 120 km lange Strecke mit vielen Höhenmetern bis in die nächste Ortschaft – Karakul- machen will) – wir haben also Zeit, uns Murghab ein bisschen näher anzusehen. Was gleich auffällt: hier wohnen fast ausschliesslich ethnische Kirgisen. Die ca. 7000 Einwohner zählende Ortschaft in 3600m Höhe wirkt sehr arm – die staubige Haupteinkaufstrasse besteht aus Containern, in welchen man einfache Güter erwerben kann.

Da Karl ziemliche Probleme mit der dünnen Höhenluft hat, beschließen wir, uns für den nächsten Tag wieder motorisierte Unterstützung zu organisieren. Geplant ist folgendes: wir fahren mit einem Jeep rauf auf den 70 km entfernten Ak Baital Pass auf 4655m und von der Passhöhe radeln wir dann ca. 50 km nach Karakul auf 3900m, die nächste Ortschaft am Highway. So ersparen wir uns kräfteraubende 1000 Höhenmeter bergauf und schaffen es mit Sicherheit nach Karakul, wo es homestays gibt. Relativ rasch finden wir einen Mann mit Jeep, mit dem wir ausmachen, dass er uns am nächsten Tag um 09:00 von unserem homestay abholen soll. Am nächsten Morgen sind unsere Sachen rasch im Auto verstaut – die beiden Räder werden am Dachträger fixiert – Karl prüft noch mal, ob eh nix hin und her wackelt. Dann gehts rauf Richtung Passhöhe – zuerst noch auf relativ guter Asphaltstraße immer am chinesischen Grenzzaun entlang, dann allerdings wird’s immer steiler und die Asphaltstraße wird zu einer schlimmen Schotter/Sand – Buckelpiste. Bin ich froh, dass ich da nicht radeln muss! Auf der Passhöhe treffen wir noch 2 Schweizer auf ihren Rädern und ausserdem eine in Algerien lebende Salzburgerin, die mit ihrem kasachischen Partner im Jeep unterwegs ist. Sie freut sich riesig, eine Landsfrau zu treffen – sie ist jetzt schon einige Zeit in Zentralasien unterwegs und hat bis dato keine einzige Person aus Österreich getroffen. Das ist etwas, worüber ich mich auch immer wundere. Man trifft extrem viele Deutsche (auf mein Inserat auf der Reiseplattform haben sich ja auch ausschliesslich Deutsche gemeldet), Schweizer (weniger Einwohner als Österreich!), Holländer und Franzosen – aber wo sind die Österreicher? Sind die nicht abenteuerlustig genug, wollen auf den gewohnten Luxus nicht verzichten und wollen immer auf Nummer Sicher gehen? Machen die nur organisierte Reisen, All-Inclusive Urlaube und Kreuzfahrten? Ich weiss es nicht.

Die Räder werden auf der Passhöhe wieder vom Autodach geholt – Radtaschen rauf und los gehts runter Richtung Karakul. Die Strasse ist der reinste Horror – Waschbrett-Buckelpiste auf einem Sand/Schottergemisch!!! Man kann nicht beschleunigen und wird die ganze Zeit durchgerüttelt. Schon nach kurzer Zeit spüre ich ein Brennen im oberen Rücken – das kommt von der verkrampften Haltung am Rad. Nach ca. 16 Kilometer – wir brauchen dafür eine Ewigkeit -machen wir eine Pause am Straßenrand. „Also, wenn das so weitergeht, schaffe ich das heute nicht bis Karakul.“ sage ich. Karl meint, dass sicher bald Asphalt kommen wird. Sein Wort in Gottes Ohr! Und tatsächlich, ca. 200m später Asphalt – zwar nicht perfekt mit einigen Schlaglöchern, aber man kann beschleunigen. Dann kommt aber plötzlich Gegenwind und einige Steigungen – also zu früh gefreut. Irgendwann aber – es geht jetzt wirklich nur noch eben dahin oder bergab – dreht der Wind noch einmal und schiebt uns richtiggehend den Berg hinab. Die letzten 25 km unserer Tagesetappe sind wieder reinstes Fahrvergnügen – wir flitzen nur so dahin. Wir sind umgeben von schneebedeckten Sechs- und Siebentausendern, die Sonne scheint und dann sehen wir ihn: den Karakul (Schwarzer See) – majestätisch in dunklem blau liegt er da inmitten der Berge. Das ca. 300m entfernte Seeufer verläuft dann über längere Zeit parallel zu unserer Strasse – wir sehen, dass am Seeufer 2 Radfahrer unterwegs sind. „Aha, da gibt es auch einen Weg“ meint Karl. Der Seeweg mündet dann aber irgendwann in die Asphaltstraße, die wir entlangfahren und kurz bevor wir zu dieser Einmündung kommen, erreichen auch die 2 Radfahrer die Asphaltstraße. Und was dann folgt, ist ein Bild für Götter. Die 2 Männer stellen ihre voll bepackten Räder ab, fallen auf die Knie, beugen sich nach vor und küssen den Asphalt. Wir haben Augen gemacht! Sie schauen wirklich fertig aus – „Hi guys. You look as if you would come right out of hell.“ begrüße ich die beiden. Sie scheinen in meinem Alter zu sein. Beide sehr dünn – einer extrem gross, sicher 2 m. Der Lange antwortet auf Englisch, dass sie durch das extrem abgeschiedene Batang Valley rauf zum See gefahren sind und dass es megaanstrengend war. Nach seinem 2. Satz denk ich mir: „Das ist ein Österreicher oder Deutscher“. Der Akzent und wie er „the“ ausspricht, nämlich als „se“, das ist typisch für Österreicher und Deutsche, die irgendwann in der Schule Englisch gelernt haben und es dann selten bis nie gebraucht haben. Ein Blick auf seine Ortlieb-Radtaschen und sein Hemd von Maier Sports, einem schwäbischen Hersteller macht mich sicher. „Wir können uns auch auf Deutsch unterhalten“ sage ich. Kurzer, irritierter Blick – dann sagt er: „Ja, wir sind Deutsche. Woher kommt ihr?“ „Bayern“ – ich deute auf Karl und „Österreich“. Wieder keine Österreicher, denk ich mir.

Wir haben dann nur noch ein paar Kilometer bis in den Ort Karakul, wo wir noch ein polnisches Radfahrerpaar treffen, das vergangene Nacht in einer aufgelassenen Karawanserei geschlafen hat – soll sehr cool gewesen sein.

Wir finden recht schnell ein homestay mit freien Betten – Dusche gibt es keine und das WC ist ein Verschlag im Hinterhof (das heisst, ich werde in der Nacht wieder den Sternenhimmel bewundern dürfen, wenn ich pinkeln muss). Die kirgisischen homestay Betreiber sind sehr nett – sie haben 3 Töchter mit 12, 10 und 4 Jahren und einen Sohn mit 2. Die 10 jährige ist sehr quirlig und spricht etwas Englisch. Die älteren Töchter helfen fleissig mit beim Servieren und Abservieren – es gibt eine feine Gemüsesuppe mit Reiseinlage, selbstgebackenes Fladenbrot und ausgezeichnet schmeckende Yakbutter. Und als Dessert ein Schälchen mit eingelegten sauren Kirschen – uj, da muss ich schnell sein, sonst isst mir Karl alles weg!!

Nach dem Abendessen merke ich, dass ich den ärgsten Muskelkater (Oberschenkelvorderseite) habe – ausserdem eine Blase zwischen Daumen und Zeigefinger (ich hab mich die ganze Zeit am Lenker festgekrallt) – Souvenirs der schrecklichen Buckelpiste von heute. Das Brennen im oberen Rücken ist verschwunden.

Da ich sicher bin, dass der Muskelkater am nächsten Tag noch nicht verschwunden sein wird, beschließen wir auch hier einen Rasttag. In dem auf 3900m gelegenen Ort Karakul – bettelarm – weit weg von den nächsten Orten (120km über den 4655m hohen Ak Baital Pass nach Murghab bzw. 100km über den 4250m hohen Kyzyl-Art Pass nach Sary Tash in Kirgistan) hat man das Gefühl, am Ende der Welt angekommen zu sein. Hier gibts absolut nichts. Ein kleines Magazin, wo wir einen Touristen treffen und kaum glauben können, was wir sehen. Als ob man einen Paradiesvogel am Ende der Welt inmitten von Staub und Steinen ausgesetzt hat. Der ca. 50 jährige Typ trägt grell gelbe Sportschuhe, ein grell grünes Shirt mit dazupassender kurzer Hose – als ob er sich gerade aus einem hippen Fitnessclub in Manhattan hierher gebeamt hätte. Er wirkt völlig deplatziert. Was macht der da???

Am Rasttag (mein Muskelkater ist noch immer heftig zu spüren) machen wir einen kleinen Spaziergang am Karakulsee. Der Salzsee ist höher gelegen als der Titicacasee, an Schwimmen ist nicht zu denken – er ist ziemlich kalt und die ganze Zeit weht frischer Wind – ein Paradies für Segler und Kitesurfer (man sieht aber niemanden am Wasser). Tatsächlich fand hier zwischen 2014 und 2018 die „Roof of the World Regatta“ statt – der höchstgelegene Segel- und Kitesurfbewerb inmitten von spektakulärem Bergpanorama.

Am nächsten Tag planen wir, die Grenze nach Kirgistan zu überschreiten und dort dann weiter zu radeln. Zwischen Tadschikistan und Kirgistan gibt es Grenzstreitigkeiten (letztes Jahr gab es deswegen ein paar Hundert tote Soldaten) – der Grenzübergang am Kyzyl-Art Pass, den wir benutzen werden war lange Zeit komplett gesperrt, jetzt ist er ausschliesslich für Touristen geöffnet. Man kann die Grenze aber nicht einfach passieren (auch wenn man als EU Bürger bis zu 30 Tage ohne Visum im Kirgistan bleiben kann), sondern man muss im Vorfeld eine mail an die kirgisische Regierung senden mit der Info, dass man beabsichtigt, über diesen Grenzübergang ein- oder auszureisen (dazu ungefährer Zeitpunkt der Ein/Ausreise und Foto des Reisepasses). Dann kommt man auf eine Liste, die am Grenzübergang aufliegt – ist man nicht auf der Liste, wird einem der Grenzübertritt verweigert. Wir haben diese mail an die Regierung bereits vor einer Woche geschickt und die Rückbestätigung bekommen, dass wir bereits auf der Liste stehen.

Am nächsten Morgen noch einmal Frühstück im homestay. Es gibt Griesskoch, selbstgemachtes Fladenbrot und Yakbutter. Hier in Karakul haben wir ausser der Yakbutter ausschliesslich vegane Gerichte bekommen, alle sehr gut zubereitet. Ich frage mich eh, wie man in dieser lebensfeindlichen Umgebung (kein Obst, kein Gemüse – der nächste Ort mindestens 100km entfernt) überhaupt überleben kann – im Winter, der hier 9 Monate dauert, ist es noch einmal schwieriger.

Die Mädchen der homestay Familie sind ursüss – sie kommen in der Früh in mein Zimmer und schauen mir neugierig zu, wie ich mir die Haare kämme und dann zu einem Pferdeschwanz zusammenbinde. Dann kommt die 10 jährige, quirlige Fatima her, berührt meine Haare und sagt: „Very good!“ Ich berühre daraufhin ihren langen, schwarzen Zopf und sage:“Very good too!“ Lautes Gekicher der Mädchen.

Der Grenzübergang liegt wie gesagt auf einer Passhöhe und wir beschließen – so wie bereits beim Ak Baital Pass – uns mit einem Jeep auf die Passhöhe raufbringen zu lassen und erst dann mit dem Radeln zu beginnen. Bis zur nächsten Ortschaft Sary-Tash in Kirgisien sind es dann noch immer über 50km – das reicht für einen Tag.

Unser homestay Besitzer hat einen Jeep – wir haben noch einige tadschikische Somoni übrig – der Deal steht: wir geben ihm unsere restlichen Somoni, dafür bringt er uns rauf auf den Pass. Schnell sind die Räder am Dachträger fixiert und die Radtaschen im Wageninneren verstaut, noch einmal den süßen Mädchen zugewunken und schon gehts los. Auch hier am Anfang wieder ganz passable Straßen, je näher wir dem Pass kommen, desto katastrophaler der Untergrund. Nie und nimmer möchte ich mich hier mit dem Rad raufquälen müssen! Die letzten 200 m vor dem Pass sind so steil und wild: hier müsste man die Radtaschen runternehmen und gesondert rauftragen.

Oben am Pass angekommen sehen wir bereits eine Menge tadschikischer Soldaten. Karl hat mit seinem Handy in Richtung tadschikischer Grenzstation fotografiert – so schnell konnte er gar nicht schauen, war ein Soldat da und er musste das Foto wieder löschen.

So, jetzt die Räder wieder runter vom Dachträger, die Taschen anbringen, Buff und Handschuhe anziehen (hier ist es saukalt) und dann schieben wir die Räder Richtung Grenzstation. Dort stehen 3 Aussies mit ihren Motorrädern. Einer zeigt auf uns beide und fragt: „So, whose idea was it, to cycle this absolute insane highway?“ „It was mine.“ antworte ich. Er mustert mich von oben bis unten und meint grinsend: „That‘s what I thought anyway. Crazy woman.“ Die 3 kommen grad aus Kirgistan und warnen uns, weil der 1. Teil der uns bevorstehenden Etappe ziemlich heftig sein soll. Sie sagen auch, dass sie alle Radfahrer bewundern, die sich diesen Höllentrip antun.

Anschließend zur Passkontrolle: wir werden in ein Zimmer gebeten, dort sitzt ein Obermacho in Zivilkleidung, lässig eine Zigarette im Mundwinkel. Kein Computer – langsam trägt er unsere Personalien in ein dickes Heft ein. Dann dürfen wir weiter.

Nach weiteren 100m wird unser Gepäck kontrolliert. Ein sehr junger Soldat in zerschliessener Uniform mit Flip-Flops an den Füssen kommt zu mir. „Open please“. Ich fange mit der Top Rack Tasche an – da habe ich die Campingsachen und Lebensmittel drinnen. Ganz oben liegt eine grosse Packung Kekse – ich sehe , wie er große Augen bekommt und frag ihn, ob er sie haben will. „Yes please“ und schon wechseln die Kekse den Besitzer. Darunter 4 Packungen Instant Nudeln – ich gebe ihm 2 Packungen, er ist überglücklich und zieht mit seiner Beute ab. Sein Mittagessen ist gesichert und die restlichen Taschen interessieren ihn nicht mehr.

Das ganze erinnert mich sehr an Geschäftsreisen in die Tschechoslowakei zu kommunistischen Zeiten. An der Grenze konnte es ewig lang dauern und Schikane durch tschechoslowakische Grenzbeamte gehörte zur Tagesordnung. Als Normalsterblicher ist man in der CSSR nicht an Bananen gekommen. Also habe ich immer mindestens 10kg Bananen im Kofferraum dabei gehabt und siehe da, die Wartezeit an der Grenze hat sich drastisch verringert.

So, das war jetzt ein urlanger Blogbeitrag (obwohl ich über vieles gar nicht berichtet habe). Bin jetzt schon seit ein paar Tagen in Kirgistan – dazu mehr im nächsten Beitrag.

Am Fluss Panj – Afghanistan befindet sich auf der anderen Seite

Ein für Zentralasien typischer Tapchan (Tagesbett) auf welchem man isst oder …

schläft (hier ein eher untypischer gemauerter Tapchan)

Das hier ist die edle Variante im Stadtpark von Korogh.

Schulbus in Khorog. Der Kirgise daneben trägt eine typisch kirgisische Kopfbedeckung.

Blick rüber nach Afghanistan

Hirtenfamilie auf 4300m Höhe

Dieser Hirte freut sich über ein paar Zigaretten

Full House im homestay in Alichur

Unser Zimmer im homestay

Das WC im homestay in Alichur

Am Brunnen füllen wir unsere Wasserflaschen auf, bevor es losgeht mit dem Radeln

Jetzt geht es los Richtung Osten

Vorbei an einer Jurte, wo man auch übernachten könnte

Endlich im homestay in Murghab

Bei einer netten kirgisischen Familie

Gibts was Leckeres zum Essen.

Süße kirgisische Mädchen in Murghob

Karl prüft, ob die Räder eh gut fixiert sind

Am Ak Baital Pass auf 4655m treffen wir eine Salzburgerin mit ihrem kasachischen Freund und 2 Schweizer Radler

Weiter gehts auf Schotter

Vorbei an einer Jurte, in der man übernachten kann. Im Bild die hübsche kirgisische Jurtenbesitzerin mit ihren 3- und 4-jährigen Söhnen.

Wir nähern uns dem Karakul-See.

Und finden ein homestay.

Backofen und WC im homestay

Tom aus Holland und Julien aus Frankreich auf Radweltreise

IM BACKOFEN ZENTRALASIENS

Es sind 11 Monate seit meinem letzten Beitrag vergangen und ich war in dieser Zeit nicht ganz untätig. Die Hauptgründe für den Abbruch meiner Radreise im vergangenen Jahr waren ja Heimweh und die Tatsache, dass mein Hirn einfach überlastet war von den vielen Eindrücken, die man auf so einer Reise jeden Tag gewinnt. Und irgendwann kommt dann der Moment, dass auch die schönste Stadt oder die spektakulärste Landschaft keinen Reiz mehr darstellen – man will einfach nur noch nach Hause.

Und so habe ich mich gerne wieder ins sogenannte Hamsterrad begeben – habe mir in Wien ein kleines, voll ausgestattetes Apartment und einen Job gesucht (und beides auch gleich gefunden). Mit grosser Freude und Begeisterung war ich bei der Vollpension (www.vollpension.wien) hauptsächlich als Köchin im Einsatz. Es war teilweise extrem stressig, hat aber auch viel Spaß gemacht. Speziell die Arbeit in der MUK (Musik- und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien), wo die Mensa von der Vollpension betrieben wird, hat mir voll getaugt, weil das Ambiente und die netten Kollegen sehr viel zur Motivation beigetragen haben. Gemüse schnipseln mit Klavierbegleitung oder Ariengesang (in der Küche hat man ständig jemanden singen oder ein Instrument spielen gehört) macht gleich doppelt so viel Spaß und den Kontakt mit den Studenten und Professoren, die ich kulinarisch verwöhnen durfte, habe ich als sehr angenehm empfunden.

In der Freizeit etwas Sport (das Rad stand zwar die meiste Zeit an meinem Hauptwohnsitz in der Steiermark, aber Wandern und Fitnessstudio halten auch fit), viel Lesen (auch in der Literaturgruppe – liebe Grüße an die Lesemäuse), jede Woche Pubquiz (liebe Grüße an die Klugscheißer) und natürlich auch Faulenzen und Reisepläne schmieden.

Da es bei der nächsten Reise (Pamir Highway) ans Eingemachte gehen wird, möchte ich diese nicht alleine machen. Aus diesem Grund habe ich im April eine Anzeige auf einer Reiseplattform platziert. Es haben sich ein paar Leute aus Deutschland gemeldet, darunter Karl aus Bayern, ein paar Jahre älter als ich. Wir haben kurz hin- und hergemailt und dann telefoniert und ausgemacht, dass wir uns vorab auf jeden Fall zu einer Tour treffen müssen, um zu sehen, ob die Chemie passt und ob wir uns sportlich auf halbwegs gleichem level bewegen. Anfang Mai war es dann so weit: Treffpunkt in Passau und dann gehts am Donauradweg nach Wien. Karl hat im März gerade die Nord- und Südinsel Neuseelands (3000 km mit 22000 hm) mit dem Mountainbike durchquert, er war also in Topform. Dementsprechend schnell war er am Donauradweg unterwegs – ich habe ihn zumeist nur von hinten gesehen. Außerdem ist er sehr ehrgeizig und bringt als ehemaliger Triathlet und Teilnehmer am Eismarathon in Sibirien (bei minus 30°) unendlich viel Leidensfähigkeit (die ich nicht habe) mit. Ich stelle also gleich einmal klar, dass wir den Pamir Highway nur dann gemeinsam machen können, wenn er sich ein bisschen einbremst. Oder er fährt halt immer voraus, baut das Zelt auf und kocht, sodass das Essen am Tisch steht, wenn ich dann ankomme 😉 Er meint, er hätte kein Problem, das ganze etwas gemütlicher zu gestalten – also beschließen wir, den Pamir gemeinsam zu rocken. Wir buchen dann auch gleich den Flug von München nach Duschanbe und beantragen ein 60-tägiges Tadschikistan e-Visum mit GBAO Permit (als EU Bürger darf man bis zu 30 Tage ohne Visum ins Land – wir wollen aber keinen Stress haben und das Permit für den Pamir brauchen wir ohnehin, also schlagen wir 2 Fliegen mit einer Klappe). Das Visum mitsamt Permit haben wir innerhalb von ein paar Tagen im maileingang.

Mit Ende Juni beende ich meine Arbeit und kündige das Apartment in Wien – der Flug ist erst im August; das heisst: ich könnte im Juli noch schnell was Anderes machen. Mitte Juni entdecke ich auf der Reiseplattform, über die ich Karl kennengelernt habe, eine interessante Anzeige: Frank aus Berlin sucht relativ kurzfristig eine nette Reisebegleiterin für 14 Tage Schottland ab 12.7. Er hat die Unterkünfte (1 Woche ein Cottage an der Küste auf der Isle of Skye und 1 Woche ein Ferienhaus am Meer in der Nähe von Edinburgh) schon vor langer Zeit gebucht und will jetzt, nachdem die ursprüngliche Begleitung ausgefallen ist, nicht stornieren.

Schottland steht schon lange auf meiner bucket list – also nichts wie ran an die Tasten. Schon bald meldet er sich zurück und wir führen ein sehr nettes Telefonat. Aber auch hier gilt: ob die Chemie passt, finden wir nur raus bei einem persönlichen Treffen. Nachdem er in Berlin lebt und ich zu diesem Zeitpunkt noch in Wien war, beschließen wir, uns in der Mitte – in Prag – zu treffen. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden und waren uns auch über die Gestaltung des Urlaubs (Stadtbummel durch Edinburgh und Glasgow, ein paar Burgen besichtigen, Wanderungen durch die Highlands und am Strand, am Abend auf Fish and Chips oder Haggis in ein Restaurant oder auch mal selber was in den voll ausgestatteten Küchen kochen und mit einem feinen Tropfen genießen, aber auch genügend Zeit zum Lesen und Faulenzen) einig.

Frank ist mit dem Auto von Berlin nach Amsterdam gefahren, von dort hat er die Nachtfähre nach Newcastle genommen und mich dann in Edinburgh am Flughafen abgeholt. Von dort war es dann noch ein ziemlich langer Weg nach Uig auf der Isle of Skye mit vielen Blind Summits, Hidden Dips und Heavy Plants Crossing (im ersten Moment habe ich mich gefragt, welche schweren Pflanzen hier über die Strasse wollen 😉 Nachdem die Sonne im Juli hier im hohen Norden erst um 22:30 untergeht, sind wir noch bei Tageslicht in unserem Cottage, einer alten, mit sehr viel Geschmack hergerichteten Mühle an einem Bach angekommen.

Es folgten dann zwei tolle, sehr harmonische Wochen bei angenehmen Temperaturen (ca. 15°). Frank ist sehr belesen und begeisterter Theater- und Konzertbesucher, ausserdem sportlich – also hatten wir viele Gemeinsamkeiten und der Gesprächsstoff ist uns nicht ausgegangen. Die 14 Tage sind schnell vergangen und mit etwas Wehmut hieß es dann Abschied nehmen – Frank muss wieder zurück in die Arbeit und ich muss schön langsam meine Sachen für die Radreise packen. Wir beschließen aber, dass es eine Fortsetzung geben wird, sobald ich aus Asien zurück bin.

Anfang August geht es dann los von der Steiermark Richtung Bayern. Meine lieben Nachbarinnen (die Schlossherrinnen) werden auch diesmal wieder während meiner Abwesenheit nach meiner Wohnung sehen.

Am Abend des 1. Radlertages mit 60 km und 500 hm hatte ich ziemliche Schmerzen im linken Knie und der linken Hüfte – na, das fängt ja gut an! Ich habe aber in Radlerblogs gelesen, dass die Schmerzen zumeist von einem zu niedrig eingestellten Sattel herrühren. Also: der Sattel wird 1 cm höher gestellt und siehe da, die Schmerzen verschwinden und kommen nicht wieder.

Ich begegne natürlich vielen anderen Radlern – fast alle fahren e-Bikes. Auf der Strecke von Bad Mitterndorf zum Grundlsee muss man über einen Berg mit ziemlich knackigem Anstieg, d.h. absteigen und schieben. Während ich mich mit meinem vollbepackten Drahtesel den steilen Berg hinaufquäle, überholen mich 4 e-Biker. „Du bist halt noch a Ehrliche“ ruft mir einer zu, während er ganz gemütlich und ohne sich anzustrengen an mir vorbeizieht.

In der 1. Augustwoche gibt es immer wieder Regentage und so beschließe ich, Teilstrecken mit der Bahn zurückzulegen. Im Zug nach Linz treffe ich ein sympathisches Paar aus Graz: Katharina und Matthias mit ihren Kindern Joy und Lucian. Katharina ist Geschäftsführerin von cyclebee (www.cyclebee.app), einer Radreise App, mit der sie mehr Leute für Radreisen begeistern möchte. Sie erzählt mir von ihren größeren Tandemradreisen von Österreich nach Madrid (das war ihre Hochzeitsreise) und von Ushuaia nach Santiago de Chile. Speziell der Transport der Tandemräder im Flugzeug interessiert mich, weil diesbezüglich ja jede Airline ihr eigenes Süppchen kocht und es keine einheitliche Regelung für Radtransporte im Flieger gibt. Katharina gestaltet auch einen Podcast (kann man auf der Webseite anhören) und wir vereinbaren ein Interview entweder von unterwegs oder spätestens nach meiner Rückkehr nach Österreich.

Von Passau geht es weiter am Donauradweg stromaufwärts, vorbei an den sehenswerten Städten Straubing und Regensburg in Richtung Ingolstadt, wo Karl wohnt. Der Nachteil dabei ist, dass zumeist Westwind weht und man über weite Strecken gegen den Wind ankämpfen muss, sodass man teilweise das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten. Schlussendlich komme ich einen Tag vor dem Abflug in Ingolstadt an – Karl hat schon vor einiger Zeit 2 Fahrradkartons vom Fahrradgeschäft organisiert. Das heisst, Räder so zerlegen, dass sie in die Kartons passen. Da das ganze doch ein ziemlicher Aufwand ist – zuerst zerlegen und nach dem Flug wieder zusammenbauen, beschließen wir, es ohne Verpackung zu versuchen und die Räder einfach zum Check-In zu schieben. Die tadschikische Fluglinie Somonair, die uns innerhalb von 6 Stunden in einem Direktflug mit einer Boeing 737 von München nach Duschanbe bringen wird, hat auf ihrer Webseite keine Info bezüglich Verpackung der Fahrräder. Es steht nur drinnen, dass Fahrräder transportiert werden. Auf meine Mailanfrage, ob die Fahrräder verpackt sein müssen, werde ich wieder nur an die Webseite verwiesen.

Karls Neffe bringt uns zum Flughafen – wir sind sehr früh dran und etwas angespannt, weil wir nicht wissen, ob die unverpackten Fahrräder eingecheckt werden können. Kartons können wir auf die Schnelle sicher nicht auftreiben und das Zerlegen der Räder würde auch einige Zeit in Anspruch nehmen. Beim noch nicht geöffneten Check In (erst 2,5 Stunden vor Abflug möglich) hat sich schon eine ziemlich lange Schlange gebildet, beim Sondergepäckschalter sitzt aber bereits ein Mitarbeiter der Airline. Also nix wie hin: Auf unsere Frage, ob wir die Räder ohne Verpackung einchecken können, meint er, dass die mit ziemlicher Sicherheit verpackt sein müssen. Also bis jetzt hat er immer nur verpackte Räder eingecheckt. Aber der Check in öffnet in 10 Minuten – wir sollen halt gleich fragen, sobald der Schalter besetzt ist. Das haben wir dann auch gemacht – die nette Dame hat gesagt: ja, sie nehmen die Räder unverpackt mit, wir müssen nur die Lenker um 90° drehen, sodass sie eine Linie mit dem Rahmen bilden (mit dem Inbusschlüssel, den Karl bei sich hat, ist das gleich erledigt) und wir müssen den Großteil der Luft aus den Reifen lassen. Und die Airline übernimmt keine Haftung, falls das Rad beschädigt am Zielort ankommt. Außerdem: 7,00 EUR/kg sind zu berappen, das macht ca. 100,00 EUR pro Fahrrad. Okay, damit können wir leben.

Der Flug nach Duschanbe verläuft unspektakulär, mit einer 30 minütigen Verspätung landen wir um 02:30 (3h Zeitverschiebung zu Mitteleuropa) in der Hauptstadt Tadschikistans. Bei der Gepäckausgabe werden zuerst unsere beiden Räder gebracht – so wie es ausschaut, haben sie keinen Schaden genommen. Auf das restliche Gepäck müssen wir ziemlich lange warten und so ist es fast 04:00 Uhr in der Früh bis wir endlich vor dem Flughafengebäude ankommen, wo wir eigentlich vom Fahrer des Guest Houses, in welchem wir für die nächsten 3 Nächte ein Zimmer gebucht haben, erwartet werden sollten. Aber da ist kein Fahrer. Schneller Anruf im Guest House (die Rezeption soll 24h besetzt sein) – keine Antwort. Ich schick dann auch noch eine WhatsApp Nachricht an das Guest House mit der Bitte um rasche Info – auch hier keine Antwort. Mittlerweile werden wir von ein paar Männern umringt, die uns ihre Dienste als Taxler anbieten. Da wir ein etwas grösseres Auto benötigen (für 2 Passagiere, Gepäck und 2 Räder), ist es gar nicht so einfach, etwas Passendes zu finden. Schlussendlich werden wir mit 2 Fahrzeugen zum nicht all zu weit entfernten Guest House im Stadtzentrum gebracht. Der Nachtportier hat uns ziemlich verschlafen in Empfang genommen – er spricht kein Wort Englisch – eine Diskussion wegen des nicht anwesenden Fahrers am Flughafen erübrigt sich damit.

Nach ein paar Stunden Schlaf frühstücken, SIM Karten kaufen, die Räder wieder fahrbereit machen (Lenker in die Normalposition bringen, Luft in die Reifen) und dann einmal die Stadt mit dem Rad erkunden. Tadschikistan ist die ärmste der ehemaligen Sowjetrepubliken (Durchschittslohn: 200,00 USD) – hier im Zentrum der 1,2 Mio Einwohner zählenden Hauptstadt merkt man davon nichts. So viele fette SUV‘s, sogar ein Maybach steht vor einem Luxushotel (alle haben tadschikische Kennzeichen). Die Frauen (viele orientalische Schönheiten) sind zumeist mit einem hübschen, farbenfrohen Ensemble aus einem gerade geschnittenen, knielangen Kaftan und einer Hose aus dem gleichen Stoff bekleidet – ca. 50 % tragen ein (dazupassendes) Kopftuch. Hier wird relativ moderater Islam praktiziert, ich habe noch keinen Muezzin zum Gebet rufen gehört. Ich lese dann aber, dass die radikalislamische Opposition unterdrückt wird und dass viele Moscheen geschlossen wurden – Russland gilt als Schutzmacht und hilft auch mit militärischer Unterstützung die Grenze zu Afghanistan zu sichern und damit zu verhindern, dass radikale Elemente ins Land kommen.

Da es sehr heiss ist (an die 40°) überlegen wir, uns mit einem Taxi bis in die 500 km entfernte Stadt Khorog an der afghanischen Grenze bringen zu lassen und erst dort mit dem Radeln zu beginnen. Khorog liegt bereits auf 2.000 m Höhe, ausserdem direkt am kühlenden Gebirgsfluss Panj, sodass es etwas erträglicher ist als hier in Duschanbe. Wir sitzen grad in einem Restaurant und diskutieren die verschiedenen Varianten. Karl sitzt mir gegenüber – am Tisch hinter ihm sitzt ein grossgewachsener, gutaussehender Tadschike, der mich schon die ganze Zeit mit seinen Nougataugen anschmachtet. „Pa russki?“ fragt er mich. „No, anglicki i nemecki“ antworte ich. Okay, dann wird halt nur mit Händen und Augen kommuniziert. Erst deutet er auf Karl, dann auf mich und dann zeigt er auf den Ringfinger. Ich schüttle den Kopf. Dann zeigt er mit fragendem Blick auf sich und auf mich und wieder auf den Ringfinger. „Du Karl, ich hab grad einen Heiratsantrag gekriegt“. „Aha“ antwortet Karl und schaufelt weiter das Gulasch in sich hinein. Er ist nicht grad der Gesprächigste – er meint dann aber: „Geh frag ihn, ob er einen SUV fährt. Der könnt uns doch nach Khorog bringen.“ Der Tadschike will mich dann noch auf einen Chay einladen – ich lehne lächelnd ab.

Probieren geht über studieren, daher beschließen wir, mit dem Rad einmal eine ca. 50 km lange Strecke mit ca. 600 hm Richtung Pamir zu fahren. Zur Rush Hour gehts raus aus Duschanbe, geplanter Zielort ist Fayzobod. Lt. Google maps soll’s dort auch ein Hotel geben – mal schauen, schlimmstenfalls haben wir ja auch das Zelt dabei. Es läuft erstaunlich gut, die Hitze ist schon arg, aber wir machen viele Trinkpausen an schattigen Plätzen. Auch die Strasse ist in gutem Zustand und je weiter wir uns aus der Stadt raus bewegen, desto weniger Autos sind unterwegs. Sobald es etwas steil bergauf geht, steige ich ab und schiebe das Rad – Karl schenkt sich nichts, Absteigen ist keine Option für ihn. Am Land ist auch alles gleich anders – die Leute sind ärmlicher gekleidet, alle Frauen tragen Kopftuch. Man hört viele „Hello“-Rufe der männlichen Dorfjugend und alle freuen sich, wenn wir diese laut erwidern. Esel werden hier als Transportmittel für Menschen und Waren eingesetzt. Auch die Autos sind nicht mehr so luxuriös wie in Duschanbe, viele Rostschüsseln, alte Ladas oder gebrauchte Fahrzeuge aus Europa – manche noch mit dem „D“ Pickerl drauf – begegnen uns auf den Straßen. Man sieht immer wieder Kuh- und Schafherden, die auf vertrockneten, steilen Abhängen grasen. Die Landschaft erinnert sehr an die Bilder aus Afghanistan, das ja nicht allzu weit entfernt ist. In den kleinen Ortschaften wird Heizmaterial für den hier bitterkalten Winter getrocknet (Kuhdung). Am Straßenrand wird auch Obst und Gemüse verkauft – die Verkäufer (oft sind es Kinder) schenken uns immer wieder einen Apfel oder Tomaten. Rachmat – Danke!

In einer etwas größeren Ortschaft machen wir Pause an einem Obststand – wir kaufen etwas Obst und kalte Getränke. Ich bin schon wieder süchtig nach eiskaltem Cola (normalerweise trinke ich kein Cola), aber schon vergangenes Jahr im Kaukasus habe ich an den heissen Radlertagen in den Trinkpausen 1 l eiskaltes Cola innerhalb von 15 Minuten in mich hineingeschüttet. Total ungesund, aber mein Körper braucht offensichtlich das Koffein und den Zucker.

Wir sitzen noch an unserem schattigen Platz, da kommt ein voll bepackter, blonder Radfahrer daher: Tom aus Holland, ca. 30 Jahre alt. Er ist im März in den Niederlanden gestartet und am Landweg hierher gekommen. Er war auch im Iran, wo er zwar nichts von den Unruhen mitbekommen hat, aber er meint, dass alle iranischen Frauen, mit denen er Kontakt hatte, entweder Angst haben und/oder resigniert haben. Er gibt uns noch den Einladungslink zu einer sehr nützlichen WhatsApp Gruppe (Cycling East) mit ca. 1.000 Mitgliedern. Lauter Radfahrer, die irgendwo in Asien unterwegs sind und sich mit wichtigen Infos (Visaangelegenheiten, Radwerkstätten, Strassenbedingungen, wo kriegt man was?, günstige Unterkünfte) versorgen. Ich frage ihn dann noch, wie er es durch Turkmenistan geschafft hat, weil man momentan ja kein Visum für dieses extrem abgeschottete Land bekommt. Er erzählt uns, dass man eine sauteure Tour (600,00 EUR) buchen kann, dann wird man an der iranisch-turkmenischen Grenze von einem Fahrer abgeholt und nach 4 Tagen an der turkmenisch-usbekischen Grenze wieder abgesetzt – wobei man sich in der Hautstadt Ashgabat aber frei bewegen darf.

Wir verabschieden uns dann – er will an diesem Tag noch fast 100 km mit mehr als 1000 hm zurücklegen (ich denk mir: der ist halb so alt wie ich, der kann das!) und sich dann einen Platz zum Zelten in der Wildnis suchen, während unser Tagespensum ja eher gemütlich ist.

Nach guten 50 km kommen wir um ca. 14:00 in Fayzobod an und machen uns gleich mal auf die Suche nach dem Hotel, das wir über Google maps gefunden haben. An der Stelle, wo das Hotel lt. Google stehen sollte, befindet sich ein sehr schönes Haus, umgeben von einem Garten mit blühenden Sträuchern – aber kein Hinweis, dass es ein Hotel sei. Wir beide haben uns aber eingeredet, dass es das Hotel sein MÜSSE (das war halt wishful thinking) und Karl macht sich gleich auf Richtung Eingang, um zu fragen, ob sie ein Zimmer für uns haben. Noch bevor er das Gebäude betreten kann, kommt eine freundliche Frau aus einem Nebengebäude und schaut uns fragend an. Sie spricht – wie fast alle in Tadschikistan – nur tadschikisch (ähnlich wie dari/farsi) und russisch. Mit Händen und Füssen macht ihr Karl verständlich, dass wir hier für 1 Nacht ein Zimmer haben wollen. Sie beginnt zu lachen und macht uns verständlich, dass dies kein Hotel sei. Mittlerweile sind 2 weitere Frauen aus dem Haus gekommen – alle sehr sympathisch. Eine von ihnen hat sich gar nicht mehr eingekriegt vor Lachen – wir haben mit ihr mitgelacht. Sie deuten uns dann, dass es im Zentrum von Fayzobod ein Hotel gibt – okay, dann fahren wir halt dort hin (ich mache ihnen verständlich, wenn wir kein Zimmer im Hotel bekommen, dann kommen wir zu ihnen zurück und übernachten bei ihnen – wieder schallendes Gelächter). Wir waren dann sehr schnell an der Hauptstraße, wo das Hotel stehen sollte. Dann stellt sich raus: es hat geschlossen. Gleich werden wir umringt von Männern und Jugendlichen – wir machen ihnen verständlich, dass wir eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Ein Mann, der mir furchtbar unsympathisch ist, sagt, dass er was für uns hätte. Er schreibt mit dem Zeigefinger auf die staubige Kühlerhaube eines Autos: 100 s (100 Somoni = 8,00 EUR). Ich frage, ob wir das Zimmer sehen können. Ja – also geht Karl mit dem Mann auf die gegenüberliegende Strassenseite, wo er mit ihm in einem Hauseingang verschwindet. Während ich an der Hauptstraße warte, werde ich von einem ca. 15 jährigen Mädchen in Englisch angesprochen. „We are looking for a hotel or homestay for 1 night.“ Sie denkt kurz nach, muss dann aber mit Bedauern mitteilen, dass sie uns nicht helfen kann. In der Zwischenzeit ist Karl zurück. „Wie ist das Zimmer?“ „Ja, es ist gut. Eine saubere 3-Zimmer Wohnung mit Bad.“ Karl sagt dem „Vermieter“, dass wir die Wohnung nehmen. Dieser fängt dann aber an herumzudiskutieren und ruft dann jemanden an. Nach kurzer Zeit kommt ein junger Mann, der halbwegs Englisch spricht. Der sagt uns, dass 100 Somoni nicht genug sind. Jetzt war ich wirklich sauer – warum hat er nicht von vornherein einen höheren Preis (den wir ja auch ohne weiteres bereit gewesen wären zu bezahlen) genannt? Andererseits hab ich mich gefreut, weil mich auch diesmal das Bauchgefühl nicht getäuscht hat – ich hab diesen Typen von Anfang an als „Falschen Fuffzger“ eingeschätzt. Ich sag zu Karl: „Wir fahren weiter“. Welche Möglichkeiten haben wir jetzt? Zelt irgendwo in der Wildnis aufstellen – das bedeutet keine Dusche, also nicht so ideal. Noch ca. 20 km mit 400 hm weiterradeln – dort soll es lt. Google maps wieder ein Hotel geben – wenns denn wahr ist. Aber es ist mittlerweile extrem heiß und wir sind ziemlich erschöpft. Oder wir fahren zurück zu den 3 lustigen Frauen. In dem Moment kommen 3 sehr hübsche Teenager – Mädchen, die mich auf Englisch ansprechen. Ob sie mir behilflich sein können. Ja, wir suchen eine Übernachtungsmöglichkeit. Eine meint: „Give me 5 minutes – maybe I can help you.“ Und weg waren sie. Bei uns in Europa würden die Mädels jetzt das Handy zücken und jemanden anrufen oder WhatsAppen – in Tadschikistan sieht man ausserhalb von Duschanbe fast niemanden mit einem Handy (und schon gar nicht mit einem Smart Phone) – ein paar Leute habe ich mit uralten Nokia Handys gesehen. Nach ein paar Minuten kommen sie zurück und teilen uns freudestrahlend und ganz aufgeregt mit, dass sie ein Zimmer für uns haben. Es sind nur ca. 5 Minuten Fußmarsch zum Gebäude, in welchem sich das Zimmer befindet. Fröhlich schnatternd erzählen mir die Mädchen (sie tragen kein Kopftuch), dass sie sehr glücklich sind, „to have the possibility to practice their English“. Sie besuchen das Gymnasium in Fayzobod und stellen mir eine Menge Fragen. Auf ihre Frage, ob Karl und ich verheiratet sind, sage ich „ja“ (und erfinde dann auch noch gleich 2 erwachsene Kinder dazu) – sie glauben sonst womöglich, dass sie 2 getrennte Zimmer organisieren müssen und dass jemand keine Kinder hat, das versteht in diesem Teil der Welt auch keiner. Das Zimmer befindet sich an der Rückseite eines relativ neuen Hauses, in welchem ein Restaurant untergebracht ist und ist offensichtlich für die Mitarbeiter gedacht (aus dem Nebenzimmer kommt eine Frau, die ich dann später in der Küche des Restaurants werken seh). Es ist ganz simpel eingerichtet: 2 Matten mit Pölstern (alles sehr farbenfroh) mit einem niedrigen Tisch dazwischen, alles sauber. An der Wand ein Bild mit einem typisch zentralasiatischen Bergmotiv und ein Spiegel. WC und Dusche gibts in einem Nebengebäude. Auf meine Frage, wieviel wir schuldig sind, meinen die Mädchen, dass das natürlich nichts kostet (das Gebäude gehört offensichtlich dem Onkel eines Mädchens). Nur widerwillig nehmen sie 50 Somoni (4,00 EUR) von uns an.

Nach einer Dusche und einem Power Nap gibts im Restaurant nebenan Abendessen: Suppe und Rinderspiess mit Brot und Salat. Anschließend gehen wir noch mal in die Hauptstraße, um zu sehen, wo wir am nächsten Morgen frühstücken können. Wir finden ein nettes Café mit einem so halbwegs Englisch sprechenden Angestellten – wir machen mit ihm aus, dass wir morgen gleich um 08:00, wenn er aufsperrt, hier sein werden, um zu frühstücken und sagen ihm auch gleich, was wir essen wollen (Spiegeleier mit Brot, 1 Stück Kuchen und Kaffee).

Für den 1. Radlertag hat das alles eigentlich ganz gut geklappt – für den nächsten Tag planen wir wieder ca. 50 km mit 700 hm. Am Zielort in Obigarm soll es lt. Google ein Hotel geben. Nach dem Frühstück (der junge Mann hat uns um 08:00 bereits erwartet) kaufen wir noch gut gekühltes Wasser (es wird in der Sonne sehr schnell lauwarm) und starten um ca. 09:00. Es ist sehr heiss und wir haben das Gefühl, dass sich die Räder heute wesentlich schwerer anfühlen als gestern. Die 700 hm sind auf ca. 30 km verteilt – die restlichen 20 km gehen nur noch eben dahin bzw. wieder bergab. Die Sonne brennt unbarmherzig und es ist ziemlich zäh – sobald es etwas steiler wird, steige ich ab und schiebe. Karl zieht an mir vorbei und wartet dann immer wieder auf mich bei einem schattigen Platz. Wir trinken wirklich viel – ich esse untertags ohnehin fast nichts (eventuell ein Stück Obst und das für mich obligatorische eiskalte Cola), Karl braucht zwischendurch aber immer wieder einen Power Riegel (er hat etliche in seiner Radtasche) – an diesem Tag allerdings will auch er nichts essen. Auf der Strecke werden wir von einem weißen Range Rover mit blauer UNO-Aufschrift (world food programme) überholt. Endlich sind wir in Obigarm – das Hotel existiert zwar, aber es ist ausgebucht. Die Hotelmitarbeiterin sagt uns, dass es weitere Hotels an der Hauptstraße gibt – wir sollen es dort probieren. Wir finden kein Hotel und fragen dann ein bisschen herum (keiner spricht englisch) – 2 junge Männer gehen mit uns zu einem Gebäude (kein Hinweis, dass es ein Hotel sein soll) und dann sehen wir, dass im Hof der UNO Range Rover parkt. Aber auch dieses Hotel ist voll. Gleich daneben, ein anderes Haus (auch hier kein Hinweis auf ein Hotel) – die haben freie Zimmer. Es ist mittlerweile 15:00, extrem heiß und wir beide sind wirklich geschafft. Weiterfahren wollen wir keinesfalls – eine Dusche und ein Power Nap täten jetzt gut. Dieses „Hotel“ war eine der ärgsten Absteigen, in der ich je übernachtet habe (wird nur noch getoppt von einer Unterkunft in Honduras, wo sich die Ratten in meinem Zimmer ein Stelldichein gegeben haben). Um zu den im Obergeschoss gelegenen Zimmern zu gelangen, musste man über eine wilde Stahlkonstruktion raufsteigen. Glücklicherweise hat uns der Rezeptionist mit den vielen Radtaschen geholfen. Und dann erst das Zimmer!!! So was Versifftes, Grausliches!! Ich hab zum Glück meinen Seidenschlafsack dabei – in den werde ich mich verkriechen und mein Reisehandtuch werde ich über den Polster legen und so verhindern, dass ich irgendwie mit dem Bettzeug in Berührung komm. Die Duschen sind okay, aber das WC, welches sich unter dem Stiegenaufgang befindet war – wie soll ich’s nur beschreiben – einfach unbeschreiblich.

Schnell eine Dusche und auch hier ein Power Nap, dann besprechen wir, wie wir weiter machen. Karl geht es nicht gut – er hat keinen Appetit und in seinem Bauch beginnt es zu rumoren und er fühlt sich auch ziemlich schwach. Auch mir ist der Appetit vergangen (das liegt vielleicht an dieser furchtbaren Absteige!!) aber sonst ist alles okay bei mir. Wir beschließen, dass wir uns für die restlichen 400km mit sehr vielen Höhenmetern in das kühlere Khorog ein Taxi suchen – wir machen uns kaputt, wenn wir bei dieser Hitze weiterradeln. Das ist aber leichter gesagt, als getan. Es gibt dort keinen Taxifunk, den man anrufen kann und ohne Russischkenntnisse braucht man in Tadschikistan sowieso nirgendwo anrufen.

Also gehen wir am Abend in die Hauptstraße und fragen ein bisschen herum. Offizielle Taxis gibt es keine – wir müssen halt schauen, ob wir eine Person finden, die uns mit ihrem Privatauto nach Khorog bringt – natürlich gegen Bezahlung. Dann sehen wir eine Gruppe Männer beisammenstehen – ich sag zu Karl, er soll sie fragen, ob uns einer helfen kann. Er geht zur Gruppe hin – ich bleibe in ca. 15m Entfernung an meinem Platz sitzen. Ich seh dann, wie Karl die Tadschikistan-Landkarte ausbreitet und alle sich darüberbeugen und anfangen zu diskutieren. Es scheint aber sehr mühsam zu sein – die sprechen sicher alle kein Englisch.

Da erscheint – oh Wunder – ein wie aus einem Märchen aus TausendundeinerNacht entsprungener Emir mit einer orientalischen Schönheit und einem Diener (wahrscheinlich sein Chauffeur) auf dem Platz! Inmitten der hier eher einfach und ärmlich gekleideten Tadschiken, ist er mit seinem schwarzen Chapan (Samtmantel) und seiner farbenfrohen Tubetejka (Kopfbedeckung) und seinen Samtschlapfen ein echter Eyecatcher. Seine etwas jüngere weibliche Begleitung steht ihm in nichts nach. Ich schätze ihn auf ca. 50 Jahre, sehr sympathisch mit wachen, intelligenten Augen (und wahrscheinlich viel Geld) und vermute ausserdem, dass er kein Tadschike, sondern Usbeke ist. Freundlich lächelnd nickt er mir zu. Ich nicke ebenfalls freundlich lächelnd zurück. „Der spricht sicher Englisch“ denk ich mir und will grad aufstehen, um ihn anzusprechen. Er hat die Gruppe Männer rund um Karl aber schon bemerkt und gesellt sich zu ihnen dazu. Ich hab aus der Entfernung ja nicht verstanden, was gesprochen wurde, sehe aber, dass Karl richtig erleichtert aufblickt, als er vom Emir angesprochen wird. Er hat dann zwischen Karl und den Männern als Dolmetscher fungiert und schnell wurde auch eine Lösung bezüglich Taxi gefunden. Er ist anschließend gemeinsam mit Karl auch noch zu mir rüber gekommen und hat sich und seine Begleitung in perfektem Englisch vorgestellt. Er ist tatsächlich Usbeke und ist mit seiner 2. Ehefrau (er hat natürlich 2 Frauen) hier. Stolz erzählt er, dass sein 23-jähriger Sohn in den USA studiert und zeigt uns dann auf seinem neuesten iPhone Fotos seiner Familie.

Die Taxilösung sieht nun folgendermaßen aus: ein Mann bringt uns am nächsten Tag mit seinem geräumigen PKW (in dem auch unsere 2 Räder Platz haben) zurück in das ca. 100km entfernte Duschanbe – Kosten: 300,00 Somoni (=24,00 EUR). Dort gibt es einen „Taxi to Pamir“ Bahnhof, wo viele 4WD Fahrzeuge mit Fahrer stehen (man braucht für die Strasse nach Khorog unbedingt 4WD) und wir nehmen dann eines dieser Fahrzeuge. Wir vereinbaren mit unserem „Taxifahrer“, dass er uns um 08:00 von unserer Absteige abholt.

Wir haben noch immer keinen Appetit und gehen ohne Abendessen (wir haben seit dem Frühstück nichts mehr gegessen) zurück in unser „Luxushotel“. Karl gehts mittlerweile immer schlechter – in der Nacht steht er mindestens 20 x auf, um mit Stirnlampe und 1-lagigem !!!!! Toilettenpapier, welches wir beim Einchecken bekommen haben, über die wilde Stahlkonstruktion runter zu steigen und aufs WC zu gelangen. Außerdem fühlt er sich immer schwächer. Da am nächsten Tag auf keinen Fall an eine Weiterfahrt Richtung Pamir zu denken ist, buche ich schnell (über booking.com sind das ein paar clicks) ein schönes 4* Hotel in Duschanbe für die nächsten 3 Nächte. Ich schlafe erstaunlich gut in der Absteige (was täte ich nur ohne meinem Seidenschlafsack), obwohl ich schon auch mitkriege, dass Karl ständig zwischen Zimmer und WC pendelt.

Der Taxifahrer ist pünktlich um 08:00 da und bringt uns ziemlich flott zurück nach Duschanbe. Karl ist total fertig – mir gehts ganz gut. Im 4*Hotel (was für ein Luxus – ein grosses, sauberes Zimmer mit schönem Badezimmer) angekommen, legt er sich sofort schlafen. Ich gehe eine Kleinigkeit essen.

Mit grossem Interesse verfolge ich die postings in der Cycling East WhatsApp Gruppe. Viele Radreisende schreiben, dass sie gerade oder vor kurzem unter ziemlich argen Durchfallerkrankungen leiden/gelitten haben. Aber in diesem Teil der Welt muss man damit rechnen und nach ca. 1 Woche sollte das ganze ausgestanden sein. Ein Radler aus Italien ist doch tatsächlich gerade in Afghanistan unterwegs und postet regelmässig seine Erfahrungen mit den Taliban. Wahnsinn!!

Wir sind nun bereits seit 3 Tagen zurück in Duschanbe – Karl geht es ein bisschen besser. Gestern hat er zum ersten mal wieder was gegessen. Er fühlt sich aber noch immer extrem schwach. Ich hab das Hotel jetzt einmal um weitere 3 Nächte verlängert.

Das Rad mit um 90° gedrehtem Lenker und wenig Luft in den Reifen bereit für den Transport im Flugzeug.

SOMON AIR bringt uns in 6 Stunden von München nach Duschanbe

Duschanbe

Duschanbe

Hübsch gekleidete orientalische Schönheiten

Raus gehts aus Duschanbe

Hier gibts Melonen, Zwiebeln und Besen (vielleicht das richtige Transportmittel für mich?)

Obstverkäufer mit seiner Tochter

Heizmaterial

Das 12 jährige Mädchen hat uns gleich 2 Tomaten geschenkt

Tadschikische Rasselbande

Weiter gehts – der Radler da vorn ist Karl

Dieses Zimmer haben uns die 3 Mädels in Fayzobod organisiert

Neben diversen Sachen wie z.b. einem Fahrrad haben auch 2 Schafe Platz am Autodach.

Stiegenaufgang mit darunterliegendem WC und Zimmer in unserer Absteige in Obigarm

Er bringt uns und die Räder zurück nach Duschanbe

Was für ein Kontrast zur letzten Unterkunft – hier unser Zimmer im 4* Hotel in Duschanbe

Karl ist so geschwächt, dass er während des Essens einschläft