Meine Fahrradweltreise

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KIRGISTAN

Nachdem wir die tadschikische Grenzkontrolle am Kyzyl Art Pass auf 4250m hinter uns gebracht haben, folgen einmal 20 Kilometer Niemandsland. Aber was für ein Niemandsland! Steil gehts auf einer wilden Schotterpiste runter, umgeben von atemberaubender Bergwelt. Das Rad einfach laufen lassen geht leider nicht – die Piste lässt das nicht zu – manche Passagen sind so steil, dass ich absteige und das Rad runterschiebe. Nach ein paar Kilometern steht ein homestay (ist aber nicht in Betrieb) – davor 2 bis an die Zähne bewaffnete kirgisische Soldaten. In dieser Grenzregion kommt es bedauerlicherweise immer wieder zu Kämpfen zwischen tadschikischen und kirgisischen Soldaten – Grund für diese Konflikte ist die willkürliche Grenzziehung durch die Sowjetunion ohne Rücksicht auf die hier lebenden Ethnien. Nachdem sie unsere Pässe kontrolliert haben, lassen sie uns weiterfahren. Bis zur kirgisischen Grenzstation sind es noch 15 Kilometer. Es wird immer grüner – auf den Weiden neben der Strasse viele Yak- und Schafherden mit Hirten auf Pferden oder Motorrädern. Dann kommen wir auch schon zur kirgisischen Grenze und stehen erst mal vor einem verschlossenen Tor. Aber da kommt schon ein junger Grenzbeamter – er spricht kein Englisch – und verlangt unsere Pässe. Wir zeigen ihm auch die mails der kirgisischen Regierung, in welchen bestätigt wird, dass wir auf der Liste stehen und daher die Grenze passieren dürfen. Er nimmt unsere Pässe, schließt das Tor hinter sich wieder ab und verschwindet in einem modernen Gebäude. Wir suchen uns ein schattiges Platzerl und machen es uns gemütlich in der Wiese. Es vergehen keine 5 Minuten und er kommt wieder – öffnet das Tor und deutet uns, dass wir ebenfalls in das sehr neue Gebäude kommen müssen. Dort sitzt sein Chef (mit Computer) – der spricht gutes Englisch – und ratzfatz haben wir die Einreisestempel im Pass. Aber unser Gepäck muss auch noch kontrolliert werden – also alle Panniers runter vom Rad und aufmachen. Der kirgisische Beamte schaut nicht so verhungert aus, wie sein tadschikischer Kollege, daher behalte ich mir die restlichen 2 Packungen Instantnudeln.

Unser Ziel für heute ist Sary Tash, 30 km nach der kirgisischen Grenze. Dort gibts homestays und einen Bankomat – ausserdem kann man in einem kleinen Magazin beeline Sim Karten kaufen. Gleich nach der Grenzstation sehen wir auf der Wiese neben der Strasse einen Camper und ein Motorrad mit deutschen Kennzeichen. Ein paar Leute haben es sich auf Campingstühlen bequem gemacht. Sie erzählen uns, dass sie bereits seit 1 Woche auf die Ausreise aus Kirgisien warten – leider stehen sie noch immer nicht auf der Liste, obwohl sie die entsprechende mail rechtzeitig an die kirgisische Regierung geschickt haben. Da hatten wir sehr viel Glück – auch aus der „Cycling East WhatsApp Gruppe“ schreiben ein paar Leute, dass sie einige Tage warten mussten, bis sie den Kyzyl Art Grenzübergang passieren durften.

Die Weiterfahrt nach Sary Tash ist dann ein ziemlicher Kampf gegen starken Seitenwind – manche Böen sind so stark, dass ich fast im Graben neben der Strasse lande. Ca. 10 Kilometer vor Sary Tash sehen wir rechts eine Jurte stehen – 2 Kinder kommen auf die Strasse gelaufen und wollen uns überreden, bei ihnen zu übernachten. „Rahmat“ (heisst danke auch in Kirgisien und Usbekistan – das ist einfach), aber wir fahren weiter, vorbei an vielen Rindern, Yaks und Pferden.

Endlich angekommen in Sary Tash finden wir rasch ein homestay (sogar mit WLAN, das gabs in den tadschikischen homestays nicht). Obwohl alles sehr einfach und für europäische Verhältnisse arm und teilweise wirklich wild ist, merkt man einen Unterschied zu Tadschikistan. Alles ist grüner – die Kühe und Schafe sind fetter und jeder hat ein Smartphone. Beim Abendessen fragt uns die Tochter des homestay-Besitzers (sie studiert Lehramt in Osh und hilft ihrem Vater in den Ferien im homestay), ob sie ein Foto von uns machen darf und dieses dann auf Instagram, wo das homestay natürlich ein Profil hat, veröffentlichen darf. Klar darf sie!

Das homestay ist gut gebucht – ausser uns ist eine radelnde Familie aus der Schweiz da (mit dem ca. 12 jährigen Sohn), 2 deutsche Radfahrer und 1 Neuseeländerin (sie erzählt, dass sie schon viele Monate mit dem Rad unterwegs ist und ich die 1.Person aus Österreich bin, die sie getroffen hat). Am Abend kommen noch ein paar Motorradfahrer und stellen ihre Maschinen neben unsere Räder im Hof des homestays ab: 1 Russe, 1 sehr verwegen aussehender Brite und dann noch eine Frau mit langer blonder Mähne auf einem Motorrad mit Länderkennung „GH“. Ich frag sie, woher sie kommt, bzw. was „GH“ bedeutet. Sie ist Britin (und gemeinsam mit dem verwegenen Typen unterwegs) und hat das Motorrad in Ghana gekauft und angemeldet und ist jetzt schon einige Zeit damit in Afrika und Asien unterwegs. Aha.

In der Nähe von Sary Tash befindet sich das Base Camp des Pik Lenin – wir gönnen den Rädern einen Tag Pause und nehmen ein Taxi, welches uns zu einer Jurtensiedlung an einem See bringt und von dort unternehmen wir eine gemütliche 3 stündige Wanderung zu einem Aussichtspunkt (beim Base Camp gibts nix mehr zu sehen, die Saison ist schon vorbei), mit tollem Blick auf den schneebedeckten Siebentausender.

Am nächsten Tag gehts mit den Rädern weiter Richtung Osh. Zuerst ein ziemlich knackiger Anstieg – 700 hm auf 16km – dann eine steile Abfahrt auf einer Serpentinenpiste – die Bremsscheiben glühen. Wir begegnen vielen LKW’s, die meisten mit chinesischen Kennzeichen. Ein Grenzübergang nach China liegt hier ganz in der Nähe – einige Radler aus der „Cycling East“ Gruppe berichten über ihre Erfahrungen mit den chinesischen Behörden. Es scheint ziemlich relaxed und easy zuzugehen – eher oberflächliche Kontrollen des Gepäcks und Handy/Laptop werden auch nicht mehr gecheckt, so wie früher üblich. Die Beamten sind sehr freundlich und sprechen gutes Englisch. Und eine Sache, die die meisten Radler, die ja low-budget unterwegs sind, sehr freut: Sie werden in dem Gebiet, in welchem sehr viele Uiguren leben, immer in sehr gute 4 Stern Hotels eskortiert und dürfen dort kostenlos übernachten – einfach um Kontakte zwischen Uiguren und westlichen Radfahrern zu unterbinden.

Unser Tagesziel ist Sopu Korgon – 65 km entfernt. Wieder umgeben von spektakulärer Berglandschaft, das ganze wird nur getrübt durch starken Gegenwind. Wir begegnen 2 jungen Männern (1 x Singapur, 1x Südkorea) mit ihren voll bepackten Rädern – sie machen den highway in die umgekehrte Richtung und wollen dann weiter nach Europa und sie freuen sich heute über den starken Rückenwind (irgendwer freut sich immer über den Wind).

Endlich kommen wir nach Sopu Korgon – lt. iOverlander (eine tolle App für Abenteuererreisende) soll es ein homestay geben neben dem kleinen Supermarkt (Magazin). Gleich beim Ortseingang hält ein Auto neben uns – der Fahrer fragt, ob er uns helfen kann. Ja, wir suchen ein homestay. Er telefoniert kurz und gibt dann sein Handy an Karl weiter. Am anderen Ende ein englisch sprechender Mann. Er fragt, was wir suchen. Ein Homestay – wir sind zu zweit. Ob wir verheiratet sind? Ja, sind wir. Okay, dann hat er was für uns. Der Autofahrer erklärt uns noch, wie wir zu dem betreffenden Haus kommen. Dort angekommen, am Ende einer Sackgasse sehe ich als erstes die schönen Blumen im Garten. Das gefällt mir. Das Gartentor wird von einer sympathischen hochschwangeren Frau geöffnet, an ihrer Seite zwei kleine Buben. Sie bittet uns ins Haus (sie spricht kein englisch) und führt uns in ein sauberes Zimmer mit den für Zentralasien typischen Matten am Boden, dann kommt sie gleich mit einer Kanne Tee und 2 Schalen. Nach einiger Zeit hören wir Motorengeräusch und ein Kleintransporter mit Baumstämmen auf der offenen Ladefläche biegt in das Grundstück ein. Aus dem Fahrzeug steigt ein sehr sympathischer 40-jähriger Mann mit lachenden Augen und begrüsst uns auf englisch. Ob das Zimmer eh okay ist für uns? Ja klar. Es stellt sich dann raus, dass er der Direktor der örtlichen Schule ist.

Er erzählt uns dann ein wenig über das Leben in Kirgistan. Obwohl er für kirgisische Verhältnisse als gut situiert gilt (mit eigenem Haus, Auto und Job), könnte er sich z.B. keine Reise nach Europa oder in die USA leisten. Wir reden dann auch über den Ukraine-Krieg – er meint, dass die meisten Kirgisen prorussisch eingestellt sind, weil die Medien im Land von Russland gesteuert werden. Aber auch die Kirgisen spüren die massive Teuerung als Folge des Krieges. Viele Landsleute arbeiten in Russland und werden dort, so wie alle Zentralasiaten, als Menschen zweiter Klasse behandelt. Ich frage ihn dann, wie er seine Frau kennengelernt hat (die beiden geben ein sehr glückliches Paar ab) – ob diese Ehe von den Eltern arrangiert worden ist. Er sagt, dass es durchaus noch üblich ist, Ehen zu arrangieren – er hat seine Frau aber einfach entführt, nachdem er sie vorher ein paar mal zufällig getroffen hat. „What?! You kidnapped her?!!!!“ – ich kann’s kaum glauben. Ja, Brautentführungen sind auch möglich – seine damals noch-nicht-Frau hatte auch gar nix dagegen. Nur die Noch-nicht-Schwiegereltern waren am Anfang etwas böse. Als sie dann aber sahen, dass er ein ehrenwerter Mann mit gutem Job, Haus und Auto ist, waren auch sie mit dieser Ehe einverstanden und heute sind sie gern gesehene Gäste in seinem Haus und freuen sich über die 3 (bald 4) Enkelkinder. Meine nächste Frage: Seine Frau ist ja hochschwanger – „Wird sie das Baby zu Hause bekommen oder gibt es ein Spital in der Nähe?“ „Ja, er bringt sie in das nächstgelegene, ca. 20 km entfernte Spital, wo sie das Baby auf die Welt bringen wird, so wie die 3 älteren Kinder (2 Buben mit 5 und 7 und ein 4-jähriges Mädchen) zuvor“. In abgeschiedenen Bergregionen sind Hausgeburten aber gang und gäbe.

Es gibt dann noch Abendessen – Karl hat sich schon wieder eine Suppe mit Gemüse, Nudeln und Rindfleisch gewünscht – hausgemachtes Brot dazu. Hat fein geschmeckt.

Nach dem Abendessen gehts ab in die Sauna – der Schuldirektor hat im hinteren Bereich des Hauses tatsächlich 2 Saunabereiche (Männer/Frauen getrennt) gestaltet – je 3 aufeinanderfolgende Räume: Umkleideraum/Dusche/Saunakabine. Diese Sauna wird auch gerne von den Dorfbewohnern gegen ein kleines Entgelt genutzt und die Männersauna ist grad voll, als wir hinkommen. Die Damensauna ist frei – und nachdem wir ja verheiratet sind, dürfen wir diese gemeinsam nutzen.

Nach dem anstrengen Radtag mit starkem Gegenwind ist die Sauna eine wahre Wohltat. Zurück im Zimmer – die Gastgeberin hat in der Zwischenzeit 2 dicke Matten in der Raummitte aufgelegt, Leintücher drüber, Tuchent und Polster mit lässiger Bettwäsche überzogen – ein sehr einladendes Nachtquartier. Ich trage noch etwas Pflegecreme auf mein Gesicht und werde dabei neugierig beäugt von der süßen 4-jährigen Tochter. „Komm her!“ Ich nehme etwas Creme und gebe einen kleinen Klecks auf ihr Näschen, das Kinn und die Wangen. Das hat ihr getaugt. Sie hat sich die Creme im Gesicht verschmiert und kommt dann zu mir, um sich eine weitere Ration Pflege (die sie noch lange nicht brauchen wird) abzuholen. Karl meint noch, dass wir uns einen Wecker stellen sollen – ich erwidere, dass ich sicher spätestens um 07:30 wach sein werde und außerdem werden uns wahrscheinlich eh die durchs Haus tollenden Kinder aufwecken. Dann, es ist mittlerweile 23:00 Uhr – Gute Nacht! Ich bin sofort eingeschlafen und habe noch selten so gut geschlafen. Irgendwann werde ich wach – die Sonne scheint bereits. Ein Blick aufs Handy – es ist 09:30!!!! Karl schläft noch tief und fest. „Karl – es ist 09:30!!!“ Der Direktor hat uns am Vorabend erzählt, dass er um 09:00 in der Schule sein muss, als wir raus aus unserem Zimmer aufs WC (befindet sich etwas abseits im Garten in einem wilden Verschlag) gehen, sitzt er aber noch in der Küche. Er wollte uns nicht aufwecken und will sich jetzt von uns verabschieden. Seine Frau hat bereits Frühstück zubereitet (Spiegeleier, Brot, Butter, kleine Küchlein, Tee), das wir uns schmecken lassen. Wir beschließen dann, ihm für die Übernachtung den gleichen Betrag zu geben, den wir auch im vorherigen homestay bezahlt haben (er hat gesagt, wir sollen ihm einfach den Betrag geben, den wir für angemessen halten). Karl gibt ihm 3.000,00 SOM (ca. 30,00 EUR) und dann folgt wieder eine sehr sympathische Geste – er reicht das Geld seiner Frau weiter. „Sie hatte ja die Arbeit mit Kochen und Betten machen – also steht es ihr zu.“ Ein wirklich sympathisches kirgisisches Paar.

An diesem Tag steht uns eine recht kurze Etappe mit 45 Kilometern – großteils gehts bergab – in die 15.000 Einwohner Stadt Gulcha bevor. Zuerst müssen wir einen Fluss auf einer Hängebrücke, die ordentlich hin- und herschaukelt, queren. Dann gehts relativ gemütlich (der Gegenwind von gestern ist auch wieder da) weiter nach Gulcha. Dort haben wir über booking.com ein Hostel gebucht. Es liegt an der Hauptstraße und wir fahren zuerst einmal dran vorbei, weil kein Schild auf eine Unterkunft hinweist (alles nur in kirgisischen lettern). Nach 500m kommen wir drauf, dass wir zu weit gefahren sind, also kehren wir um. Das Gebäude liegt inmitten eines schönen Gartens mit vielen Blumen und einer Jurte. Das gefällt mir sehr gut, ausserdem gibts in diesem Hostel etwas, was wir schon lange nicht mehr hatten: ein westliches Badezimmer (verfliest mit Waschbecken, Dusche und Sitz-WC). Wir müssen dieses Badezimmer zwar mit den 10 anderen Hostelgästen teilen, genießen aber trotzdem diesen unerwarteten Komfort.

Fürs Abendessen empfiehlt uns die Hostelbesitzerin ein Lokal, welches ein paar Hundert Meter weiter an der Hauptstraße liegt. Mein Magen knurrt bereits – wie üblich esse ich nichts untertags – also nix wie hin. Das Lokal ist sehr groß – da passen sicher mehr als 100 Leute rein. Auf der einen Seite ein paar ganz niedrige Tische im zentralasiatischen Stil auf einer Platform, ein paar bunte Matten rundherum. Wir bevorzugen dann aber doch einen Tisch mit Sessel – die adrette Kellnerin bringt uns die Speisekarte. Alles auf kirgisisch (auch keine Fotos, wie oft üblich)- vom Personal kann niemand englisch. Ich seh dann aber, dass eine Kellnerin mit einem Tablett aus der Küche kommt: darauf stehen 4 Teller mit je einem halben Brathendl und Salat. Mir rinnt das Wasser im Mund zusammen: das will ich (und Karl) auch! Also zeigen wir auf die Hendl und bestellen 2 Portionen. Dazu Brot und eine Kanne Chay. Es schmeckt fantastisch! Mein Hunger muss wirklich riesig gewesen sein, weil ich verdrücke die ganze Portion mit sehr viel Fleisch dran (mir ist auch diesmal wieder aufgefallen, dass die Hendl in Schwellen-/Entwicklungsländern viel mehr Fleisch dran haben als bei uns in Europa).

„Siehst du hier irgendwo einen Hinweis auf ein WC?“ frag ich Karl. Er verneint – beim Eingang ist aber ein kleines Waschbecken mit Spiegel; jeder Gast, der das Lokal betritt, wäscht sich mal die Hände. Also frag ich die Kellnerin: „Tualet?“ Sie deutet mir, dass ich mit ihr mitkommen soll. Raus auf die Strasse und dann beim nächsten Haus rein in einen Hinterhof. Mittlerweile hat es ziemlich stark zu regnen begonnen – um zur „Tualet“ zu gelangen, muss man durch ziemlichen Gatsch waten. Und das, was mich dann erwartet, dieses Scheisshaus – man entschuldige meine derbe Ausdrucksweise, obwohl, wenn ich’s mir recht überlege ist das noch ein feiner Ausdruck für diesen Ort des Grau(s)ens!!! Ein Holzverschlag mit einer kleinen Öffnung im Boden (damit keine kleinen Kinder reinfallen können) – darunter sieht (und riecht!!!) man die Gülle. Hier ist zielgerichtetes Arbeiten angesagt – die werte Leserschaft kann sich sicher vorstellen, was passiert, wenn man hier nicht fokussiert ans Werk geht. Was ich überhaupt nicht verstehe: ich bin hier in einer kleinen Stadt mit Kanalisation, in der es möglich ist, verflieste Räume mit sauberen WCs zu errichten (so wie im Hostel, das ganz in der Nähe ist). Noch dazu in einem Lokal mit gutem Essen und adretten Kellnerinnen, wo sicher auch immer wieder grosse Feiern mit elegant gekleideten Menschen stattfinden – ist das den Gästen egal???

Ich glaub, ich muss jetzt doch nicht – bis zum Hostel mit dem schönen Klo sind es eh nur ein paar Hundert Meter. Und ich hoffe, dass ich niemandem den Appetit verdorben habe!

So, der letzte Radlertag am Pamir Highway steht bevor. Und der hat es noch einmal in sich: 1000 Höhenmeter auf ca. 10 Kilometer – Gesamtstrecke 82 Kilometer bis Osh, die zweitgrößte Stadt Kirgistans. Diese 10 km Steigung ziehen sich dahin – ich schiebe und schwitze – die Sonne brennt unbarmherzig. Karl habe ich schon lange nicht mehr gesehen – der ist sicher schon auf der Passhöhe. Nach einer gefühlten Ewigkeit komme ich oben an – Karl sitzt im Schatten und isst einen Riegel. „Wartest du schon lange?“ „Ca. 15 Minuten.“ Das beruhigt mich dann doch – Karl hat den ganzen Highway nie geschoben und war aber auch nie viel schneller als ich. Ich finde, dass das Schieben auf steilen Abschnitten auch einen guten Ausgleich für den Körper darstellt. Aber das ist Geschmacksache – das muss jeder Radfahrer für sich entscheiden. Nach dem Pass gehts flott bergab, das Fahrvergnügen wird nur durch den stärker werdenden Verkehr getrübt. So viele LKW‘s brettern an uns vorbei!!. Wir merken, dass wir nach 2 Wochen, in denen wir zumeist nicht mehr als 5 Fahrzeugen pro Tag begegnet sind, den Verkehr gar nicht mehr gewohnt sind. Und in Osh herrscht sowieso Chaos pur – der Verkehr erinnert mich total an Neapel – man muss aufpassen wie ein Haftelmacher, dass man da heil durch kommt. Diese letzte Etappe zwischen Gulcha und Osh würde ich das nächste mal mit einem Taxi machen. Sie ist landschaftlich nicht besonders reizvoll, megaanstrangend und aufgrund des heftigen Verkehrs nicht ungefährlich.

Dann endlich im Hotel – wir wollen jetzt 3 Tage in Osh bleiben und dann entscheiden, wie wir weitermachen. Am nächsten Tag geht es auf den Bazaar – 2000 Jahre alt – da gibts sicher viel zu schauen. Gleich am Anfang sehe ich einen kleinen Stand, wo Kleider und Schuhe repariert werden. Da ich etliche Kilos am Pamir Highway gelassen habe (dazu habe ich mir vor der Reise in Österreich ein paar Reservekilos angefuttert), brauche ich bei meinem Gürtel 2 zusätzliche Löcher. Der Schneider/Schuster ist so nett und erledigt das gleich – er nimmt kein Geld von mir. „Rahmat“! Laut Plan soll es am Gelände des Bazaars auch eine Radwerkstätte geben – das wollen wir unbedingt sehen. Sie schaut ziemlich wild aus – glücklicherweise brauchen wir nix. Unsere Räder und Panniers haben die Strapazen des Pamir Highway exzellent überstanden – nicht einmal einen Platten hatten wir.

Im Niemandsland zwischen Tadschikistan und Kirgistan (Abfahrt vom Kyzyl Art Pass)

Kurz vor Sary Tash, der 1. Ortschaft in Kirgisien

Im homestay in Sary Tash – zum Abendessen gibts Plov mit Rindfleisch – zum Frühstück 3 Eier mit Wurst, Brot und Marmelade

Tour zum Pik Lenin Aussichtspunkt

Diese Serpentinenstraße gehts jetzt runter

Ausrangierte Fahrzeuge aus Deutschland sieht man hier oft.

Weiter gehts bergab Richtung Osh

Unterkunft bei der netten Familie des Schuldirektors

Über diese Brücke müssen wir zum Glück nicht

Am Bazar in Osh

Meine Lieblingsspeise

Mit der coolen Rentnergang in Osh

IM BACKOFEN ZENTRALASIENS

Es sind 11 Monate seit meinem letzten Beitrag vergangen und ich war in dieser Zeit nicht ganz untätig. Die Hauptgründe für den Abbruch meiner Radreise im vergangenen Jahr waren ja Heimweh und die Tatsache, dass mein Hirn einfach überlastet war von den vielen Eindrücken, die man auf so einer Reise jeden Tag gewinnt. Und irgendwann kommt dann der Moment, dass auch die schönste Stadt oder die spektakulärste Landschaft keinen Reiz mehr darstellen – man will einfach nur noch nach Hause.

Und so habe ich mich gerne wieder ins sogenannte Hamsterrad begeben – habe mir in Wien ein kleines, voll ausgestattetes Apartment und einen Job gesucht (und beides auch gleich gefunden). Mit grosser Freude und Begeisterung war ich bei der Vollpension (www.vollpension.wien) hauptsächlich als Köchin im Einsatz. Es war teilweise extrem stressig, hat aber auch viel Spaß gemacht. Speziell die Arbeit in der MUK (Musik- und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien), wo die Mensa von der Vollpension betrieben wird, hat mir voll getaugt, weil das Ambiente und die netten Kollegen sehr viel zur Motivation beigetragen haben. Gemüse schnipseln mit Klavierbegleitung oder Ariengesang (in der Küche hat man ständig jemanden singen oder ein Instrument spielen gehört) macht gleich doppelt so viel Spaß und den Kontakt mit den Studenten und Professoren, die ich kulinarisch verwöhnen durfte, habe ich als sehr angenehm empfunden.

In der Freizeit etwas Sport (das Rad stand zwar die meiste Zeit an meinem Hauptwohnsitz in der Steiermark, aber Wandern und Fitnessstudio halten auch fit), viel Lesen (auch in der Literaturgruppe – liebe Grüße an die Lesemäuse), jede Woche Pubquiz (liebe Grüße an die Klugscheißer) und natürlich auch Faulenzen und Reisepläne schmieden.

Da es bei der nächsten Reise (Pamir Highway) ans Eingemachte gehen wird, möchte ich diese nicht alleine machen. Aus diesem Grund habe ich im April eine Anzeige auf einer Reiseplattform platziert. Es haben sich ein paar Leute aus Deutschland gemeldet, darunter Karl aus Bayern, ein paar Jahre älter als ich. Wir haben kurz hin- und hergemailt und dann telefoniert und ausgemacht, dass wir uns vorab auf jeden Fall zu einer Tour treffen müssen, um zu sehen, ob die Chemie passt und ob wir uns sportlich auf halbwegs gleichem level bewegen. Anfang Mai war es dann so weit: Treffpunkt in Passau und dann gehts am Donauradweg nach Wien. Karl hat im März gerade die Nord- und Südinsel Neuseelands (3000 km mit 22000 hm) mit dem Mountainbike durchquert, er war also in Topform. Dementsprechend schnell war er am Donauradweg unterwegs – ich habe ihn zumeist nur von hinten gesehen. Außerdem ist er sehr ehrgeizig und bringt als ehemaliger Triathlet und Teilnehmer am Eismarathon in Sibirien (bei minus 30°) unendlich viel Leidensfähigkeit (die ich nicht habe) mit. Ich stelle also gleich einmal klar, dass wir den Pamir Highway nur dann gemeinsam machen können, wenn er sich ein bisschen einbremst. Oder er fährt halt immer voraus, baut das Zelt auf und kocht, sodass das Essen am Tisch steht, wenn ich dann ankomme 😉 Er meint, er hätte kein Problem, das ganze etwas gemütlicher zu gestalten – also beschließen wir, den Pamir gemeinsam zu rocken. Wir buchen dann auch gleich den Flug von München nach Duschanbe und beantragen ein 60-tägiges Tadschikistan e-Visum mit GBAO Permit (als EU Bürger darf man bis zu 30 Tage ohne Visum ins Land – wir wollen aber keinen Stress haben und das Permit für den Pamir brauchen wir ohnehin, also schlagen wir 2 Fliegen mit einer Klappe). Das Visum mitsamt Permit haben wir innerhalb von ein paar Tagen im maileingang.

Mit Ende Juni beende ich meine Arbeit und kündige das Apartment in Wien – der Flug ist erst im August; das heisst: ich könnte im Juli noch schnell was Anderes machen. Mitte Juni entdecke ich auf der Reiseplattform, über die ich Karl kennengelernt habe, eine interessante Anzeige: Frank aus Berlin sucht relativ kurzfristig eine nette Reisebegleiterin für 14 Tage Schottland ab 12.7. Er hat die Unterkünfte (1 Woche ein Cottage an der Küste auf der Isle of Skye und 1 Woche ein Ferienhaus am Meer in der Nähe von Edinburgh) schon vor langer Zeit gebucht und will jetzt, nachdem die ursprüngliche Begleitung ausgefallen ist, nicht stornieren.

Schottland steht schon lange auf meiner bucket list – also nichts wie ran an die Tasten. Schon bald meldet er sich zurück und wir führen ein sehr nettes Telefonat. Aber auch hier gilt: ob die Chemie passt, finden wir nur raus bei einem persönlichen Treffen. Nachdem er in Berlin lebt und ich zu diesem Zeitpunkt noch in Wien war, beschließen wir, uns in der Mitte – in Prag – zu treffen. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden und waren uns auch über die Gestaltung des Urlaubs (Stadtbummel durch Edinburgh und Glasgow, ein paar Burgen besichtigen, Wanderungen durch die Highlands und am Strand, am Abend auf Fish and Chips oder Haggis in ein Restaurant oder auch mal selber was in den voll ausgestatteten Küchen kochen und mit einem feinen Tropfen genießen, aber auch genügend Zeit zum Lesen und Faulenzen) einig.

Frank ist mit dem Auto von Berlin nach Amsterdam gefahren, von dort hat er die Nachtfähre nach Newcastle genommen und mich dann in Edinburgh am Flughafen abgeholt. Von dort war es dann noch ein ziemlich langer Weg nach Uig auf der Isle of Skye mit vielen Blind Summits, Hidden Dips und Heavy Plants Crossing (im ersten Moment habe ich mich gefragt, welche schweren Pflanzen hier über die Strasse wollen 😉 Nachdem die Sonne im Juli hier im hohen Norden erst um 22:30 untergeht, sind wir noch bei Tageslicht in unserem Cottage, einer alten, mit sehr viel Geschmack hergerichteten Mühle an einem Bach angekommen.

Es folgten dann zwei tolle, sehr harmonische Wochen bei angenehmen Temperaturen (ca. 15°). Frank ist sehr belesen und begeisterter Theater- und Konzertbesucher, ausserdem sportlich – also hatten wir viele Gemeinsamkeiten und der Gesprächsstoff ist uns nicht ausgegangen. Die 14 Tage sind schnell vergangen und mit etwas Wehmut hieß es dann Abschied nehmen – Frank muss wieder zurück in die Arbeit und ich muss schön langsam meine Sachen für die Radreise packen. Wir beschließen aber, dass es eine Fortsetzung geben wird, sobald ich aus Asien zurück bin.

Anfang August geht es dann los von der Steiermark Richtung Bayern. Meine lieben Nachbarinnen (die Schlossherrinnen) werden auch diesmal wieder während meiner Abwesenheit nach meiner Wohnung sehen.

Am Abend des 1. Radlertages mit 60 km und 500 hm hatte ich ziemliche Schmerzen im linken Knie und der linken Hüfte – na, das fängt ja gut an! Ich habe aber in Radlerblogs gelesen, dass die Schmerzen zumeist von einem zu niedrig eingestellten Sattel herrühren. Also: der Sattel wird 1 cm höher gestellt und siehe da, die Schmerzen verschwinden und kommen nicht wieder.

Ich begegne natürlich vielen anderen Radlern – fast alle fahren e-Bikes. Auf der Strecke von Bad Mitterndorf zum Grundlsee muss man über einen Berg mit ziemlich knackigem Anstieg, d.h. absteigen und schieben. Während ich mich mit meinem vollbepackten Drahtesel den steilen Berg hinaufquäle, überholen mich 4 e-Biker. „Du bist halt noch a Ehrliche“ ruft mir einer zu, während er ganz gemütlich und ohne sich anzustrengen an mir vorbeizieht.

In der 1. Augustwoche gibt es immer wieder Regentage und so beschließe ich, Teilstrecken mit der Bahn zurückzulegen. Im Zug nach Linz treffe ich ein sympathisches Paar aus Graz: Katharina und Matthias mit ihren Kindern Joy und Lucian. Katharina ist Geschäftsführerin von cyclebee (www.cyclebee.app), einer Radreise App, mit der sie mehr Leute für Radreisen begeistern möchte. Sie erzählt mir von ihren größeren Tandemradreisen von Österreich nach Madrid (das war ihre Hochzeitsreise) und von Ushuaia nach Santiago de Chile. Speziell der Transport der Tandemräder im Flugzeug interessiert mich, weil diesbezüglich ja jede Airline ihr eigenes Süppchen kocht und es keine einheitliche Regelung für Radtransporte im Flieger gibt. Katharina gestaltet auch einen Podcast (kann man auf der Webseite anhören) und wir vereinbaren ein Interview entweder von unterwegs oder spätestens nach meiner Rückkehr nach Österreich.

Von Passau geht es weiter am Donauradweg stromaufwärts, vorbei an den sehenswerten Städten Straubing und Regensburg in Richtung Ingolstadt, wo Karl wohnt. Der Nachteil dabei ist, dass zumeist Westwind weht und man über weite Strecken gegen den Wind ankämpfen muss, sodass man teilweise das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten. Schlussendlich komme ich einen Tag vor dem Abflug in Ingolstadt an – Karl hat schon vor einiger Zeit 2 Fahrradkartons vom Fahrradgeschäft organisiert. Das heisst, Räder so zerlegen, dass sie in die Kartons passen. Da das ganze doch ein ziemlicher Aufwand ist – zuerst zerlegen und nach dem Flug wieder zusammenbauen, beschließen wir, es ohne Verpackung zu versuchen und die Räder einfach zum Check-In zu schieben. Die tadschikische Fluglinie Somonair, die uns innerhalb von 6 Stunden in einem Direktflug mit einer Boeing 737 von München nach Duschanbe bringen wird, hat auf ihrer Webseite keine Info bezüglich Verpackung der Fahrräder. Es steht nur drinnen, dass Fahrräder transportiert werden. Auf meine Mailanfrage, ob die Fahrräder verpackt sein müssen, werde ich wieder nur an die Webseite verwiesen.

Karls Neffe bringt uns zum Flughafen – wir sind sehr früh dran und etwas angespannt, weil wir nicht wissen, ob die unverpackten Fahrräder eingecheckt werden können. Kartons können wir auf die Schnelle sicher nicht auftreiben und das Zerlegen der Räder würde auch einige Zeit in Anspruch nehmen. Beim noch nicht geöffneten Check In (erst 2,5 Stunden vor Abflug möglich) hat sich schon eine ziemlich lange Schlange gebildet, beim Sondergepäckschalter sitzt aber bereits ein Mitarbeiter der Airline. Also nix wie hin: Auf unsere Frage, ob wir die Räder ohne Verpackung einchecken können, meint er, dass die mit ziemlicher Sicherheit verpackt sein müssen. Also bis jetzt hat er immer nur verpackte Räder eingecheckt. Aber der Check in öffnet in 10 Minuten – wir sollen halt gleich fragen, sobald der Schalter besetzt ist. Das haben wir dann auch gemacht – die nette Dame hat gesagt: ja, sie nehmen die Räder unverpackt mit, wir müssen nur die Lenker um 90° drehen, sodass sie eine Linie mit dem Rahmen bilden (mit dem Inbusschlüssel, den Karl bei sich hat, ist das gleich erledigt) und wir müssen den Großteil der Luft aus den Reifen lassen. Und die Airline übernimmt keine Haftung, falls das Rad beschädigt am Zielort ankommt. Außerdem: 7,00 EUR/kg sind zu berappen, das macht ca. 100,00 EUR pro Fahrrad. Okay, damit können wir leben.

Der Flug nach Duschanbe verläuft unspektakulär, mit einer 30 minütigen Verspätung landen wir um 02:30 (3h Zeitverschiebung zu Mitteleuropa) in der Hauptstadt Tadschikistans. Bei der Gepäckausgabe werden zuerst unsere beiden Räder gebracht – so wie es ausschaut, haben sie keinen Schaden genommen. Auf das restliche Gepäck müssen wir ziemlich lange warten und so ist es fast 04:00 Uhr in der Früh bis wir endlich vor dem Flughafengebäude ankommen, wo wir eigentlich vom Fahrer des Guest Houses, in welchem wir für die nächsten 3 Nächte ein Zimmer gebucht haben, erwartet werden sollten. Aber da ist kein Fahrer. Schneller Anruf im Guest House (die Rezeption soll 24h besetzt sein) – keine Antwort. Ich schick dann auch noch eine WhatsApp Nachricht an das Guest House mit der Bitte um rasche Info – auch hier keine Antwort. Mittlerweile werden wir von ein paar Männern umringt, die uns ihre Dienste als Taxler anbieten. Da wir ein etwas grösseres Auto benötigen (für 2 Passagiere, Gepäck und 2 Räder), ist es gar nicht so einfach, etwas Passendes zu finden. Schlussendlich werden wir mit 2 Fahrzeugen zum nicht all zu weit entfernten Guest House im Stadtzentrum gebracht. Der Nachtportier hat uns ziemlich verschlafen in Empfang genommen – er spricht kein Wort Englisch – eine Diskussion wegen des nicht anwesenden Fahrers am Flughafen erübrigt sich damit.

Nach ein paar Stunden Schlaf frühstücken, SIM Karten kaufen, die Räder wieder fahrbereit machen (Lenker in die Normalposition bringen, Luft in die Reifen) und dann einmal die Stadt mit dem Rad erkunden. Tadschikistan ist die ärmste der ehemaligen Sowjetrepubliken (Durchschittslohn: 200,00 USD) – hier im Zentrum der 1,2 Mio Einwohner zählenden Hauptstadt merkt man davon nichts. So viele fette SUV‘s, sogar ein Maybach steht vor einem Luxushotel (alle haben tadschikische Kennzeichen). Die Frauen (viele orientalische Schönheiten) sind zumeist mit einem hübschen, farbenfrohen Ensemble aus einem gerade geschnittenen, knielangen Kaftan und einer Hose aus dem gleichen Stoff bekleidet – ca. 50 % tragen ein (dazupassendes) Kopftuch. Hier wird relativ moderater Islam praktiziert, ich habe noch keinen Muezzin zum Gebet rufen gehört. Ich lese dann aber, dass die radikalislamische Opposition unterdrückt wird und dass viele Moscheen geschlossen wurden – Russland gilt als Schutzmacht und hilft auch mit militärischer Unterstützung die Grenze zu Afghanistan zu sichern und damit zu verhindern, dass radikale Elemente ins Land kommen.

Da es sehr heiss ist (an die 40°) überlegen wir, uns mit einem Taxi bis in die 500 km entfernte Stadt Khorog an der afghanischen Grenze bringen zu lassen und erst dort mit dem Radeln zu beginnen. Khorog liegt bereits auf 2.000 m Höhe, ausserdem direkt am kühlenden Gebirgsfluss Panj, sodass es etwas erträglicher ist als hier in Duschanbe. Wir sitzen grad in einem Restaurant und diskutieren die verschiedenen Varianten. Karl sitzt mir gegenüber – am Tisch hinter ihm sitzt ein grossgewachsener, gutaussehender Tadschike, der mich schon die ganze Zeit mit seinen Nougataugen anschmachtet. „Pa russki?“ fragt er mich. „No, anglicki i nemecki“ antworte ich. Okay, dann wird halt nur mit Händen und Augen kommuniziert. Erst deutet er auf Karl, dann auf mich und dann zeigt er auf den Ringfinger. Ich schüttle den Kopf. Dann zeigt er mit fragendem Blick auf sich und auf mich und wieder auf den Ringfinger. „Du Karl, ich hab grad einen Heiratsantrag gekriegt“. „Aha“ antwortet Karl und schaufelt weiter das Gulasch in sich hinein. Er ist nicht grad der Gesprächigste – er meint dann aber: „Geh frag ihn, ob er einen SUV fährt. Der könnt uns doch nach Khorog bringen.“ Der Tadschike will mich dann noch auf einen Chay einladen – ich lehne lächelnd ab.

Probieren geht über studieren, daher beschließen wir, mit dem Rad einmal eine ca. 50 km lange Strecke mit ca. 600 hm Richtung Pamir zu fahren. Zur Rush Hour gehts raus aus Duschanbe, geplanter Zielort ist Fayzobod. Lt. Google maps soll’s dort auch ein Hotel geben – mal schauen, schlimmstenfalls haben wir ja auch das Zelt dabei. Es läuft erstaunlich gut, die Hitze ist schon arg, aber wir machen viele Trinkpausen an schattigen Plätzen. Auch die Strasse ist in gutem Zustand und je weiter wir uns aus der Stadt raus bewegen, desto weniger Autos sind unterwegs. Sobald es etwas steil bergauf geht, steige ich ab und schiebe das Rad – Karl schenkt sich nichts, Absteigen ist keine Option für ihn. Am Land ist auch alles gleich anders – die Leute sind ärmlicher gekleidet, alle Frauen tragen Kopftuch. Man hört viele „Hello“-Rufe der männlichen Dorfjugend und alle freuen sich, wenn wir diese laut erwidern. Esel werden hier als Transportmittel für Menschen und Waren eingesetzt. Auch die Autos sind nicht mehr so luxuriös wie in Duschanbe, viele Rostschüsseln, alte Ladas oder gebrauchte Fahrzeuge aus Europa – manche noch mit dem „D“ Pickerl drauf – begegnen uns auf den Straßen. Man sieht immer wieder Kuh- und Schafherden, die auf vertrockneten, steilen Abhängen grasen. Die Landschaft erinnert sehr an die Bilder aus Afghanistan, das ja nicht allzu weit entfernt ist. In den kleinen Ortschaften wird Heizmaterial für den hier bitterkalten Winter getrocknet (Kuhdung). Am Straßenrand wird auch Obst und Gemüse verkauft – die Verkäufer (oft sind es Kinder) schenken uns immer wieder einen Apfel oder Tomaten. Rachmat – Danke!

In einer etwas größeren Ortschaft machen wir Pause an einem Obststand – wir kaufen etwas Obst und kalte Getränke. Ich bin schon wieder süchtig nach eiskaltem Cola (normalerweise trinke ich kein Cola), aber schon vergangenes Jahr im Kaukasus habe ich an den heissen Radlertagen in den Trinkpausen 1 l eiskaltes Cola innerhalb von 15 Minuten in mich hineingeschüttet. Total ungesund, aber mein Körper braucht offensichtlich das Koffein und den Zucker.

Wir sitzen noch an unserem schattigen Platz, da kommt ein voll bepackter, blonder Radfahrer daher: Tom aus Holland, ca. 30 Jahre alt. Er ist im März in den Niederlanden gestartet und am Landweg hierher gekommen. Er war auch im Iran, wo er zwar nichts von den Unruhen mitbekommen hat, aber er meint, dass alle iranischen Frauen, mit denen er Kontakt hatte, entweder Angst haben und/oder resigniert haben. Er gibt uns noch den Einladungslink zu einer sehr nützlichen WhatsApp Gruppe (Cycling East) mit ca. 1.000 Mitgliedern. Lauter Radfahrer, die irgendwo in Asien unterwegs sind und sich mit wichtigen Infos (Visaangelegenheiten, Radwerkstätten, Strassenbedingungen, wo kriegt man was?, günstige Unterkünfte) versorgen. Ich frage ihn dann noch, wie er es durch Turkmenistan geschafft hat, weil man momentan ja kein Visum für dieses extrem abgeschottete Land bekommt. Er erzählt uns, dass man eine sauteure Tour (600,00 EUR) buchen kann, dann wird man an der iranisch-turkmenischen Grenze von einem Fahrer abgeholt und nach 4 Tagen an der turkmenisch-usbekischen Grenze wieder abgesetzt – wobei man sich in der Hautstadt Ashgabat aber frei bewegen darf.

Wir verabschieden uns dann – er will an diesem Tag noch fast 100 km mit mehr als 1000 hm zurücklegen (ich denk mir: der ist halb so alt wie ich, der kann das!) und sich dann einen Platz zum Zelten in der Wildnis suchen, während unser Tagespensum ja eher gemütlich ist.

Nach guten 50 km kommen wir um ca. 14:00 in Fayzobod an und machen uns gleich mal auf die Suche nach dem Hotel, das wir über Google maps gefunden haben. An der Stelle, wo das Hotel lt. Google stehen sollte, befindet sich ein sehr schönes Haus, umgeben von einem Garten mit blühenden Sträuchern – aber kein Hinweis, dass es ein Hotel sei. Wir beide haben uns aber eingeredet, dass es das Hotel sein MÜSSE (das war halt wishful thinking) und Karl macht sich gleich auf Richtung Eingang, um zu fragen, ob sie ein Zimmer für uns haben. Noch bevor er das Gebäude betreten kann, kommt eine freundliche Frau aus einem Nebengebäude und schaut uns fragend an. Sie spricht – wie fast alle in Tadschikistan – nur tadschikisch (ähnlich wie dari/farsi) und russisch. Mit Händen und Füssen macht ihr Karl verständlich, dass wir hier für 1 Nacht ein Zimmer haben wollen. Sie beginnt zu lachen und macht uns verständlich, dass dies kein Hotel sei. Mittlerweile sind 2 weitere Frauen aus dem Haus gekommen – alle sehr sympathisch. Eine von ihnen hat sich gar nicht mehr eingekriegt vor Lachen – wir haben mit ihr mitgelacht. Sie deuten uns dann, dass es im Zentrum von Fayzobod ein Hotel gibt – okay, dann fahren wir halt dort hin (ich mache ihnen verständlich, wenn wir kein Zimmer im Hotel bekommen, dann kommen wir zu ihnen zurück und übernachten bei ihnen – wieder schallendes Gelächter). Wir waren dann sehr schnell an der Hauptstraße, wo das Hotel stehen sollte. Dann stellt sich raus: es hat geschlossen. Gleich werden wir umringt von Männern und Jugendlichen – wir machen ihnen verständlich, dass wir eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Ein Mann, der mir furchtbar unsympathisch ist, sagt, dass er was für uns hätte. Er schreibt mit dem Zeigefinger auf die staubige Kühlerhaube eines Autos: 100 s (100 Somoni = 8,00 EUR). Ich frage, ob wir das Zimmer sehen können. Ja – also geht Karl mit dem Mann auf die gegenüberliegende Strassenseite, wo er mit ihm in einem Hauseingang verschwindet. Während ich an der Hauptstraße warte, werde ich von einem ca. 15 jährigen Mädchen in Englisch angesprochen. „We are looking for a hotel or homestay for 1 night.“ Sie denkt kurz nach, muss dann aber mit Bedauern mitteilen, dass sie uns nicht helfen kann. In der Zwischenzeit ist Karl zurück. „Wie ist das Zimmer?“ „Ja, es ist gut. Eine saubere 3-Zimmer Wohnung mit Bad.“ Karl sagt dem „Vermieter“, dass wir die Wohnung nehmen. Dieser fängt dann aber an herumzudiskutieren und ruft dann jemanden an. Nach kurzer Zeit kommt ein junger Mann, der halbwegs Englisch spricht. Der sagt uns, dass 100 Somoni nicht genug sind. Jetzt war ich wirklich sauer – warum hat er nicht von vornherein einen höheren Preis (den wir ja auch ohne weiteres bereit gewesen wären zu bezahlen) genannt? Andererseits hab ich mich gefreut, weil mich auch diesmal das Bauchgefühl nicht getäuscht hat – ich hab diesen Typen von Anfang an als „Falschen Fuffzger“ eingeschätzt. Ich sag zu Karl: „Wir fahren weiter“. Welche Möglichkeiten haben wir jetzt? Zelt irgendwo in der Wildnis aufstellen – das bedeutet keine Dusche, also nicht so ideal. Noch ca. 20 km mit 400 hm weiterradeln – dort soll es lt. Google maps wieder ein Hotel geben – wenns denn wahr ist. Aber es ist mittlerweile extrem heiß und wir sind ziemlich erschöpft. Oder wir fahren zurück zu den 3 lustigen Frauen. In dem Moment kommen 3 sehr hübsche Teenager – Mädchen, die mich auf Englisch ansprechen. Ob sie mir behilflich sein können. Ja, wir suchen eine Übernachtungsmöglichkeit. Eine meint: „Give me 5 minutes – maybe I can help you.“ Und weg waren sie. Bei uns in Europa würden die Mädels jetzt das Handy zücken und jemanden anrufen oder WhatsAppen – in Tadschikistan sieht man ausserhalb von Duschanbe fast niemanden mit einem Handy (und schon gar nicht mit einem Smart Phone) – ein paar Leute habe ich mit uralten Nokia Handys gesehen. Nach ein paar Minuten kommen sie zurück und teilen uns freudestrahlend und ganz aufgeregt mit, dass sie ein Zimmer für uns haben. Es sind nur ca. 5 Minuten Fußmarsch zum Gebäude, in welchem sich das Zimmer befindet. Fröhlich schnatternd erzählen mir die Mädchen (sie tragen kein Kopftuch), dass sie sehr glücklich sind, „to have the possibility to practice their English“. Sie besuchen das Gymnasium in Fayzobod und stellen mir eine Menge Fragen. Auf ihre Frage, ob Karl und ich verheiratet sind, sage ich „ja“ (und erfinde dann auch noch gleich 2 erwachsene Kinder dazu) – sie glauben sonst womöglich, dass sie 2 getrennte Zimmer organisieren müssen und dass jemand keine Kinder hat, das versteht in diesem Teil der Welt auch keiner. Das Zimmer befindet sich an der Rückseite eines relativ neuen Hauses, in welchem ein Restaurant untergebracht ist und ist offensichtlich für die Mitarbeiter gedacht (aus dem Nebenzimmer kommt eine Frau, die ich dann später in der Küche des Restaurants werken seh). Es ist ganz simpel eingerichtet: 2 Matten mit Pölstern (alles sehr farbenfroh) mit einem niedrigen Tisch dazwischen, alles sauber. An der Wand ein Bild mit einem typisch zentralasiatischen Bergmotiv und ein Spiegel. WC und Dusche gibts in einem Nebengebäude. Auf meine Frage, wieviel wir schuldig sind, meinen die Mädchen, dass das natürlich nichts kostet (das Gebäude gehört offensichtlich dem Onkel eines Mädchens). Nur widerwillig nehmen sie 50 Somoni (4,00 EUR) von uns an.

Nach einer Dusche und einem Power Nap gibts im Restaurant nebenan Abendessen: Suppe und Rinderspiess mit Brot und Salat. Anschließend gehen wir noch mal in die Hauptstraße, um zu sehen, wo wir am nächsten Morgen frühstücken können. Wir finden ein nettes Café mit einem so halbwegs Englisch sprechenden Angestellten – wir machen mit ihm aus, dass wir morgen gleich um 08:00, wenn er aufsperrt, hier sein werden, um zu frühstücken und sagen ihm auch gleich, was wir essen wollen (Spiegeleier mit Brot, 1 Stück Kuchen und Kaffee).

Für den 1. Radlertag hat das alles eigentlich ganz gut geklappt – für den nächsten Tag planen wir wieder ca. 50 km mit 700 hm. Am Zielort in Obigarm soll es lt. Google ein Hotel geben. Nach dem Frühstück (der junge Mann hat uns um 08:00 bereits erwartet) kaufen wir noch gut gekühltes Wasser (es wird in der Sonne sehr schnell lauwarm) und starten um ca. 09:00. Es ist sehr heiss und wir haben das Gefühl, dass sich die Räder heute wesentlich schwerer anfühlen als gestern. Die 700 hm sind auf ca. 30 km verteilt – die restlichen 20 km gehen nur noch eben dahin bzw. wieder bergab. Die Sonne brennt unbarmherzig und es ist ziemlich zäh – sobald es etwas steiler wird, steige ich ab und schiebe. Karl zieht an mir vorbei und wartet dann immer wieder auf mich bei einem schattigen Platz. Wir trinken wirklich viel – ich esse untertags ohnehin fast nichts (eventuell ein Stück Obst und das für mich obligatorische eiskalte Cola), Karl braucht zwischendurch aber immer wieder einen Power Riegel (er hat etliche in seiner Radtasche) – an diesem Tag allerdings will auch er nichts essen. Auf der Strecke werden wir von einem weißen Range Rover mit blauer UNO-Aufschrift (world food programme) überholt. Endlich sind wir in Obigarm – das Hotel existiert zwar, aber es ist ausgebucht. Die Hotelmitarbeiterin sagt uns, dass es weitere Hotels an der Hauptstraße gibt – wir sollen es dort probieren. Wir finden kein Hotel und fragen dann ein bisschen herum (keiner spricht englisch) – 2 junge Männer gehen mit uns zu einem Gebäude (kein Hinweis, dass es ein Hotel sein soll) und dann sehen wir, dass im Hof der UNO Range Rover parkt. Aber auch dieses Hotel ist voll. Gleich daneben, ein anderes Haus (auch hier kein Hinweis auf ein Hotel) – die haben freie Zimmer. Es ist mittlerweile 15:00, extrem heiß und wir beide sind wirklich geschafft. Weiterfahren wollen wir keinesfalls – eine Dusche und ein Power Nap täten jetzt gut. Dieses „Hotel“ war eine der ärgsten Absteigen, in der ich je übernachtet habe (wird nur noch getoppt von einer Unterkunft in Honduras, wo sich die Ratten in meinem Zimmer ein Stelldichein gegeben haben). Um zu den im Obergeschoss gelegenen Zimmern zu gelangen, musste man über eine wilde Stahlkonstruktion raufsteigen. Glücklicherweise hat uns der Rezeptionist mit den vielen Radtaschen geholfen. Und dann erst das Zimmer!!! So was Versifftes, Grausliches!! Ich hab zum Glück meinen Seidenschlafsack dabei – in den werde ich mich verkriechen und mein Reisehandtuch werde ich über den Polster legen und so verhindern, dass ich irgendwie mit dem Bettzeug in Berührung komm. Die Duschen sind okay, aber das WC, welches sich unter dem Stiegenaufgang befindet war – wie soll ich’s nur beschreiben – einfach unbeschreiblich.

Schnell eine Dusche und auch hier ein Power Nap, dann besprechen wir, wie wir weiter machen. Karl geht es nicht gut – er hat keinen Appetit und in seinem Bauch beginnt es zu rumoren und er fühlt sich auch ziemlich schwach. Auch mir ist der Appetit vergangen (das liegt vielleicht an dieser furchtbaren Absteige!!) aber sonst ist alles okay bei mir. Wir beschließen, dass wir uns für die restlichen 400km mit sehr vielen Höhenmetern in das kühlere Khorog ein Taxi suchen – wir machen uns kaputt, wenn wir bei dieser Hitze weiterradeln. Das ist aber leichter gesagt, als getan. Es gibt dort keinen Taxifunk, den man anrufen kann und ohne Russischkenntnisse braucht man in Tadschikistan sowieso nirgendwo anrufen.

Also gehen wir am Abend in die Hauptstraße und fragen ein bisschen herum. Offizielle Taxis gibt es keine – wir müssen halt schauen, ob wir eine Person finden, die uns mit ihrem Privatauto nach Khorog bringt – natürlich gegen Bezahlung. Dann sehen wir eine Gruppe Männer beisammenstehen – ich sag zu Karl, er soll sie fragen, ob uns einer helfen kann. Er geht zur Gruppe hin – ich bleibe in ca. 15m Entfernung an meinem Platz sitzen. Ich seh dann, wie Karl die Tadschikistan-Landkarte ausbreitet und alle sich darüberbeugen und anfangen zu diskutieren. Es scheint aber sehr mühsam zu sein – die sprechen sicher alle kein Englisch.

Da erscheint – oh Wunder – ein wie aus einem Märchen aus TausendundeinerNacht entsprungener Emir mit einer orientalischen Schönheit und einem Diener (wahrscheinlich sein Chauffeur) auf dem Platz! Inmitten der hier eher einfach und ärmlich gekleideten Tadschiken, ist er mit seinem schwarzen Chapan (Samtmantel) und seiner farbenfrohen Tubetejka (Kopfbedeckung) und seinen Samtschlapfen ein echter Eyecatcher. Seine etwas jüngere weibliche Begleitung steht ihm in nichts nach. Ich schätze ihn auf ca. 50 Jahre, sehr sympathisch mit wachen, intelligenten Augen (und wahrscheinlich viel Geld) und vermute ausserdem, dass er kein Tadschike, sondern Usbeke ist. Freundlich lächelnd nickt er mir zu. Ich nicke ebenfalls freundlich lächelnd zurück. „Der spricht sicher Englisch“ denk ich mir und will grad aufstehen, um ihn anzusprechen. Er hat die Gruppe Männer rund um Karl aber schon bemerkt und gesellt sich zu ihnen dazu. Ich hab aus der Entfernung ja nicht verstanden, was gesprochen wurde, sehe aber, dass Karl richtig erleichtert aufblickt, als er vom Emir angesprochen wird. Er hat dann zwischen Karl und den Männern als Dolmetscher fungiert und schnell wurde auch eine Lösung bezüglich Taxi gefunden. Er ist anschließend gemeinsam mit Karl auch noch zu mir rüber gekommen und hat sich und seine Begleitung in perfektem Englisch vorgestellt. Er ist tatsächlich Usbeke und ist mit seiner 2. Ehefrau (er hat natürlich 2 Frauen) hier. Stolz erzählt er, dass sein 23-jähriger Sohn in den USA studiert und zeigt uns dann auf seinem neuesten iPhone Fotos seiner Familie.

Die Taxilösung sieht nun folgendermaßen aus: ein Mann bringt uns am nächsten Tag mit seinem geräumigen PKW (in dem auch unsere 2 Räder Platz haben) zurück in das ca. 100km entfernte Duschanbe – Kosten: 300,00 Somoni (=24,00 EUR). Dort gibt es einen „Taxi to Pamir“ Bahnhof, wo viele 4WD Fahrzeuge mit Fahrer stehen (man braucht für die Strasse nach Khorog unbedingt 4WD) und wir nehmen dann eines dieser Fahrzeuge. Wir vereinbaren mit unserem „Taxifahrer“, dass er uns um 08:00 von unserer Absteige abholt.

Wir haben noch immer keinen Appetit und gehen ohne Abendessen (wir haben seit dem Frühstück nichts mehr gegessen) zurück in unser „Luxushotel“. Karl gehts mittlerweile immer schlechter – in der Nacht steht er mindestens 20 x auf, um mit Stirnlampe und 1-lagigem !!!!! Toilettenpapier, welches wir beim Einchecken bekommen haben, über die wilde Stahlkonstruktion runter zu steigen und aufs WC zu gelangen. Außerdem fühlt er sich immer schwächer. Da am nächsten Tag auf keinen Fall an eine Weiterfahrt Richtung Pamir zu denken ist, buche ich schnell (über booking.com sind das ein paar clicks) ein schönes 4* Hotel in Duschanbe für die nächsten 3 Nächte. Ich schlafe erstaunlich gut in der Absteige (was täte ich nur ohne meinem Seidenschlafsack), obwohl ich schon auch mitkriege, dass Karl ständig zwischen Zimmer und WC pendelt.

Der Taxifahrer ist pünktlich um 08:00 da und bringt uns ziemlich flott zurück nach Duschanbe. Karl ist total fertig – mir gehts ganz gut. Im 4*Hotel (was für ein Luxus – ein grosses, sauberes Zimmer mit schönem Badezimmer) angekommen, legt er sich sofort schlafen. Ich gehe eine Kleinigkeit essen.

Mit grossem Interesse verfolge ich die postings in der Cycling East WhatsApp Gruppe. Viele Radreisende schreiben, dass sie gerade oder vor kurzem unter ziemlich argen Durchfallerkrankungen leiden/gelitten haben. Aber in diesem Teil der Welt muss man damit rechnen und nach ca. 1 Woche sollte das ganze ausgestanden sein. Ein Radler aus Italien ist doch tatsächlich gerade in Afghanistan unterwegs und postet regelmässig seine Erfahrungen mit den Taliban. Wahnsinn!!

Wir sind nun bereits seit 3 Tagen zurück in Duschanbe – Karl geht es ein bisschen besser. Gestern hat er zum ersten mal wieder was gegessen. Er fühlt sich aber noch immer extrem schwach. Ich hab das Hotel jetzt einmal um weitere 3 Nächte verlängert.

Das Rad mit um 90° gedrehtem Lenker und wenig Luft in den Reifen bereit für den Transport im Flugzeug.

SOMON AIR bringt uns in 6 Stunden von München nach Duschanbe

Duschanbe

Duschanbe

Hübsch gekleidete orientalische Schönheiten

Raus gehts aus Duschanbe

Hier gibts Melonen, Zwiebeln und Besen (vielleicht das richtige Transportmittel für mich?)

Obstverkäufer mit seiner Tochter

Heizmaterial

Das 12 jährige Mädchen hat uns gleich 2 Tomaten geschenkt

Tadschikische Rasselbande

Weiter gehts – der Radler da vorn ist Karl

Dieses Zimmer haben uns die 3 Mädels in Fayzobod organisiert

Neben diversen Sachen wie z.b. einem Fahrrad haben auch 2 Schafe Platz am Autodach.

Stiegenaufgang mit darunterliegendem WC und Zimmer in unserer Absteige in Obigarm

Er bringt uns und die Räder zurück nach Duschanbe

Was für ein Kontrast zur letzten Unterkunft – hier unser Zimmer im 4* Hotel in Duschanbe

Karl ist so geschwächt, dass er während des Essens einschläft